Nr. 1176 / 26.10.2023
Im November widmet das Filmhaus, Königstraße 93, seinen Programmschwerpunkt der italienischen Filmemacherin Lina Wertmüller. Wertmüller (1928–2021) war eine der bedeutenden Regisseurinnen des europäischen Autorenfilms. Von der Presse wegen ihres opulenten, vitalen Erzählkinos „als weiblicher Fellini“ charakterisiert, feierte sie ihre größten Erfolge in den 1970er-Jahren mit melodramatischen Tragikomödien, die um Sexualität, Politik, Patriarchat, Ausbeutung und Faschismus kreisten. Sie war 1977 die erste Frau, die für den Oscar für die beste Regie nominiert wurde.
1962 drehte Lina Wertmüller ihre erste eigene Regiearbeit „Die Basilisken“. Der Film gewann den Regiepreis beim Festival in Locarno und wurde von der Kritik gelobt, aber vom Publikum wenig beachtet. Nach einer Fernsehserie, einem Episodenfilm und unter männlichen Pseudonymen gedrehten Musicals und Italowestern entstand der Film, der ihren Durchbruch bedeutete: „Mimi, in seiner Ehre gekränkt“, der 1972 im Wettbewerb von Cannes gezeigt wurde.
Mit ihren drei folgenden Filmen „Liebe und Anarchie“ (1973), „Hingerissen von einem ungewöhnlichen Schicksal im azurblauen Meer im August“ (1974) und „Sieben Schönheiten“ (1975) wurde sie in den USA gefeiert, während ihre Filme in Deutschland erst mit mehr als zehn Jahren Verspätung ins Kino kamen. „Sieben Schönheiten“ wurde für vier Oscars nominiert und verschaffte Lina Wertmüller einen Vertrag mit Warner Bros. für vier Filme nach Themen ihrer Wahl und unter ihrer vollen künstlerischen Kontrolle. Doch die amerikanischen Koproduktionen konnten nicht an ihre vorherigen Erfolge anknüpfen. Nach „Camorra“ (1986), der den Publikumspreis der Berlinale erhielt, wurde es ruhiger um Lina Wertmüller. Ihre Kinofilme wurden international weniger beachtet, sie arbeitete verstärkt fürs Fernsehen, inszenierte Theaterstücke und Opern. 2019 wurde sie mit dem Ehren-Oscar für ihr Lebenswerk geehrt. Lina Wertmüller starb 2021 im Alter von 93 Jahren in Rom. js