Der Rundbau und die beiden Kopfbauten der Kongresshalle sind als Habitate von herausragender Bedeutung für die lokalen Populationen verschiedener Fledermausarten. Um die fliegenden Säugetiere während der Bauarbeiten für das Kulturareal Kongresshalle zu schützen, hat die Stadt über 300 Fledermauskästen installieren lassen. Diese Ausweichquartiere sind an der hofseitigen Fassade der Kongresshalle angebracht worden. So wird die kontinuierliche ökologische Funktionalität gesichert.
„Diese Maßnahme zeigt den Willen der Stadt zum Schutz und Erhalt des ökologisch bedeutsamen Lebensraums Kongresshalle“, betont Bürgermeisterin Prof. Dr. Julia Lehner. „Die Kulturbauvorhaben werden nicht zu Lasten der Habitate von Fledermäusen und Greifvögeln gehen. Unser Anspruch ist, dass das Kulturareal Kongresshalle sowohl während der Bauphase als auch später in der Betriebsphase die Prinzipien der Nachhaltigkeit befolgt.“
Planungs- und Baureferent Daniel F. Ulrich begrüßt, dass die in und an der Kongresshalle vorgesehenen Maßnahmen künftig zu einer erheblichen Verbesserung der Habitate beitragen werden: „Das Schließen zahlreicher bedenklicher Einflugöffnungen in der Außenhaut des Gebäudes wird dazu beitragen, dass sich künftig keine Tiere mehr in den Schächten und im Innern des Gebäudes verirren und letztlich dort verenden. Die jetzt vor Beginn der Baumaßnahmen installierten Fledermauskästen werden den Fledermausstandort dauerhaft sichern und stärken. Bauen und Naturschutz müssen sich gerade bei einem so großen Vorhaben frühzeitig abstimmen, um verantwortungsvoll mit der Umwelt umzugehen. Dies ist hier in hervorragender Weise gelungen."
„Viele Fledermausarten sind gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Inzwischen sind daher alle Arten in Deutschland geschützt. Die Kongresshalle mit den Kopfbauten bietet nicht nur geschützten Vogelarten wie Uhus und Falken ein Zuhause, die Gebäude sind auch schon seit Jahrzehnten ein bedeutender Lebensraum für mindestens vier Fledermausarten. Das sind der streng geschützte Große Abendsegler, die Zwerg- und Mückenfledermaus und die Zweifarbfledermaus“, erläutert Britta Walthelm, Referentin für Umwelt und Gesundheit. Darüber hinaus liegen akustische Nachweise und Einzelfunde im Gebäude und Daten des Nürnberger Fledermausschutzes zum Bestehen weiterer vier Arten vor (Rauhautfledermaus, Kleine Bartfledermaus, Wasserfledermaus und Braunes Langohr).
Die Bedeutung der Kongresshalle für den Natur- und Artenschutz zeigte sich bereits in den frühesten Planungsphasen während der Erstellung der Machbarkeitsstudie. Die Verwaltung hat daher bereits im Herbst 2021 eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) in Auftrag gegeben, die den Lebensraum Kongresshalle über ein gesamtes Jahr betrachtet hat. Als Ergebnis wurde ein umfangreiches Dokument mit dem Ziel vorgelegt, die aktuellen Bestände der Fledermäuse und gebäudebrütenden Vogelarten in und um die Kongresshalle zu erfassen und den Grad der Betroffenheit der einzelnen Arten durch die anstehenden Bauvorhaben zu beurteilen. Aus den gewonnenen Erkenntnissen wurden konkrete Maßnahmen zur Minderung der Eingriffsschwere und zur Wahrung der ökologischen Funktion des Untersuchungsraums für die betroffenen Arten erarbeitet.
Neben ihrer Bedeutung für geschützte Vogelarten (Uhus und Falken) ist die Kongresshalle mit den Kopfbauten, insbesondere das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, schon seit Jahrzehnten als Fledermaushabitat von herausragender Bedeutung. Die größte Bedeutung hat der bauliche Bestand für die Fledermäuse in den Wintermonaten als Winterquartier; aber auch im Sommer, zur Fortpflanzungszeit, sind Funde bekannt geworden.
Das Quartier des Großen Abendseglers ist überregional bedeutsam: Es ist das Winterquartier der lokalen Population im Bereich der Dutzendteiche, die ihre Sommer überwiegend im Nordosten Deutschlands verbringt und dort auch ihre Jungtiere zur Welt bringt. Gerade im Hinblick auf den dokumentierten Rückgang der Art in Deutschland – auch in Nürnberg – ist der Erhalt solcher tradierten kopfstarken Quartiere entscheidend für den Erhaltungszustand des Großen Abendseglers.
Im Norden des Rundbaus im Anschluss an das Dokumentationszentrum (ebenfalls ein Fledermausquartier) befindet sich das größte bislang bekannte und ganzjährig besetzte Fledermausquartier der Kongresshalle von mindestens fünf Arten. Während die Abendsegler überwiegend nach Norden abfliegen und in kleiner Zahl nur kurz über das Dach und den Innenhof weiterfliegen, schwärmen vor allem die Zwergfledermäuse die ganze Nacht über besonders direkt an der südexponierten Fassade vor dem Quartierbereich. Beobachtungen im Juni, zur Fortpflanzungszeit, legen den begründeten Verdacht nahe, dass es sich hier auch um ein sogenanntes Wochenstubenquartier handelt. Hohe Aktivität ist auch an und um die nordöstliche Abmauerung mit den sogenannten Ruderalflächen (Lebensraum mit hohem Insektenaufkommen) zu beobachten. Der Baumbestand im unmittelbaren Umgriff hat eine Bedeutung als Jagd- und Kleinquartierhabitat.
Die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) zeigt zahlreiche Maßnahmen zur Vermeidung oder Minderung von Gefährdungen der geschützten Tier- und Pflanzenarten. Diese Vorkehrungen sind in die Planung eingeflossen. Im Weiteren beschreibt die saP umfassende Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität (CEF-Maßnahmen), um Beeinträchtigungen lokaler Populationen zu vermeiden. Im Zuge dieser CEF-Maßnahmen werden nun außerhalb des Rundbaus und in räumlichem Zusammenhang mit der bisherigen Quartiersituation umfangreiche Quartierstrukturen installiert und 320 Flachkästen an zwei Fassaden befestigt. Die Kästen verbleiben nach dem Ende der Bauphase im Sinne einer Maßnahme zur Sicherung der ökologischen Funktionalität (FCS-Maßnahme) an Ort und Stelle und dienen dann dem Erhalt und der Verbesserung der ökologischen Funktion der Gesamtanlage.