Nr. 180 / 26.02.2024
Die Lohnlücke zwischen erwerbstätigen Frauen und Männern besteht weiter – in Bayern etwa liegt der Unterschied laut Statistischem Bundesamt bei 21 Prozent. Auf diese Ungerechtigkeit macht der bundesweite Equal Pay Day aufmerksam. Der Tag fällt 2024 auf Mittwoch, 6. März. Bis zu diesem Tag arbeiten Frauen „umsonst.“ Die Gleichstellungsstelle der Stadt Nürnberg und der DGB Mittelfranken fordern dringend mehr Entgeltgerechtigkeit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um die Lohnlücke endlich zu schließen.
Als Gender Pay Gap oder geschlechtsspezifische Lohnlücke wird die prozentuale Differenz zwischen Männer- und Frauenlohn im Verhältnis zum Männerlohn bezeichnet. In den vergangenen Jahren hat sich diese Zahl kaum verringert. Der Aktionstag wird 2024 einen Tag früher begangen. Das liegt nicht etwa daran, dass sich die Lohnlücke verkleinert hätte, sondern ist darauf zurückzuführen, dass 2024 ein Schaltjahr ist. Frauen verdienen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt nach wie vor im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer.
Ein Teil dieser Lohnlücke ist durch sogenannte strukturelle Unterschiede bedingt. Beispielsweise führt die Aufteilung von unbezahlter Sorgearbeit – wie Arbeit im Haushalt oder die Betreuung von Kindern beziehungsweise die Pflege von Angehörigen – zulasten von Frauen nicht zuletzt dazu, dass diese noch immer fast dreimal so häufig in Teilzeit arbeiten wie Männer und damit auch seltener in Führungspositionen tätig sind. „Wir wissen, dass die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen ab dem Alter von 30 Jahren zunimmt. Darüber hinaus stagniert der mittlere Lohn von Frauen ab der Geburt des ersten Kindes, während der Lohn von Männern weiter ansteigt. Es braucht dringend Anreize, die Aufteilung von unbezahlter Sorgearbeit fairer zu gestalten. Außerdem muss die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch in Führungspositionen weiterhin verbessert werden“, so Hedwig Schouten, Frauenbeauftragte der Stadt Nürnberg.
Mit der Aufteilung von Sorgearbeit beschäftigt sich auch der Nürnberger Beitrag zum bundesweiten Equal Care Day am Donnerstag, 29. Februar 2024, veranstaltet vom evangelischen Care Bündnis im Lorenzer Pfarrhof. Mehr Anerkennung, Wertschätzung und faire Verteilung ist dringend notwendig, wenn es um Fürsorge- und Sorgetätigkeiten geht. Das ist Konsens bei allen Beteiligten des Bündnisses. Im Anschluss an den Hauptvortrag zum Thema „Realität der Abhängigkeiten“ von Prof. Dr. Christine Globig diskutieren auf dem Podium Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Organisationen, welche Rahmenbedingungen es bräuchte, um Sorgearbeit frei und gerecht aufteilen zu können. Von der städtischen Gleichstellungsstelle nimmt Matthias Becker, Ansprechpartner für Männer, an der Podiumsdiskussion teil. Der Eintritt ist kostenlos. Weitere Informationen zum Programm gibt es unter https://afg-elkb.de/themen/care/.
Rechnet man den Teil des Verdienstunterschieds, der auf strukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist, heraus, beträgt die geschlechtsspezifische Lohnlücke in Deutschland noch immer sechs Prozent, in Bayern sieben Prozent. Dies bedeutet, dass Frauen im Durchschnitt trotz vergleichbarer Qualifikation, Berufserfahrung und Tätigkeit weniger Lohn erhalten als ihre männlichen Kollegen. Die Lohnlücke verwandelt sich im Alter zur Rentenlücke (Gender Pension Gap). Vor allem Frauen sind stark von Altersarmut betroffen. In Mittelfranken liegt die Gender Pension Gap bei 36 Prozent. Die Durchschnittsrente der Nürnbergerinnen liegt mit 893 Euro im Monat deutlich unter der Durchschnittsrente von 1 274 Euro bei Männern in Nürnberg.
Stephan Doll, Geschäftsführer der DGB Region Mittelfranken, meint dazu: „Eine faire Bezahlung hat nicht nur individuelle Vorteile, sondern sorgt auch für eine sozial gerechtere und somit friedlichere Gesellschaft. Gerade in Zeiten des erstarkenden Rechtsextremismus und der gesellschaftlichen Spaltung, ist die Förderung einer (gender-)gerechten Sozialpolitik unabdingbar. Der antifeministischen Agenda von Rechtsaußenparteien muss entgegengetreten werden, indem alte Versäumnisse endlich beseitigt werden. Der DGB fordert deshalb eine stärkere Tarifbindung, eine deutliche Mindestlohnerhöhung und eine Reform hin zu einem solidarisch und paritätisch finanzierten Rentensystem.“
Laut dem bayerischen Landesamt für Statistik liegt der durchschnittliche Stundenlohn in Bayern für Männer bei 27 Euro. Für Frauen beträgt er 21 Euro. Die wirtschaftliche Schlechterstellung von Frauen kann fatale Folgen mit sich bringen. Abhängigkeitsverhältnisse bereiten häufig den Nährboden für partnerschaftliche Gewalt. „Auch die Wohnungsnot in Deutschland trägt ihren Teil zur prekären Lage der von Gewalt betroffener Frauen bei. Viele Frauen sind gezwungen – häufig auch mit Kindern – bei gewalttätigen Männern zu bleiben, weil sie keine Wohnung finden. Es muss daher dringend mehr in den sozialen Wohnungsbau investiert werden“, fordert Stephan Doll.
Am Freitag, 1. März 2024, um 18 Uhr lädt der DGB Mittelfranken in Kooperation mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Nürnberg, dem Frauenhaus Nürnberg und den Gewerkschaftsfrauen zum Dokumentarfilm „Zuflucht nehmen“ über Gewalt an Frauen ins Kino Casablanca ein. Der Eintrifft für den Film „Zuflucht nehmen“ beträgt fünf Euro, Karten gibt es vor Ort im Kino. Der Film behandelt den Themenkomplex der „häuslichen Gewalt“ und hinterfragt gesellschaftlichen Strukturen wie beispielsweise wirtschaftliche Abhängigkeit und Mangel an bezahlbaren Wohnungen, die Frauen in gewaltvolle Situationen bringen und dort lassen. Im anschließenden Podiumsgespräch mit Regisseurin Selina Höfner besteht die Möglichkeit zur Diskussion. maj