Markenzeichen der Stadt Nürnberg

Nachrichten aus dem Rathaus

Nr. 307 / 17.03.2025

500 Jahre Nürnberger Religionsgespräch: Ausstellung über Bibliothek des ehemaligen Dominikanerklosters in Nürnberg

Im März 2025 jährt sich zum 500. Mal das Nürnberger Religionsgespräch, welches zu den Schlüsselereignissen des Reformationsgeschehens zählt. Zu diesem Themenschwerpunkt zeigt die Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg bis Samstag, 5. Juli 2025, die Ausstellung „Aufgehoben! Die Bibliothek des 1543 erloschenen Dominikanerklosters in Nürnberg“. Mit der Präsentation ausgewählter Handschriften und Wiegendrucke gewährt die Stadtbibliothek einen einzigartigen Einblick in das geistige Leben der damaligen Zeit. Die kostenfreie Ausstellung ist im Ausstellungskabinett, Gewerbemuseumsplatz 4, Ebene L2, zu sehen. Begleitend finden Kuratorinnenführungen statt, ein Ausstellungskatalog ist vor Ort erhältlich.

Während die Gebäude des Klosters im frühen 19. und im 20. Jahrhundert aus dem Stadtbild verschwanden, haben sich in großer Zahl die Bücher aus dem einst geschätzten Wissensspeicher des Konvents in der Stadtbibliothek erhalten. Erstmals seit 100 Jahren steht die Geschichte des im 15. Jahrhundert bedeutenden Klosters im Mittelpunkt einer Darstellung.

Nürnberger Religionsgespräch: Das Ende der Klosterkultur in Nürnberg
Beim Nürnberger Religionsgespräch im März 1525 fiel mit der Einigung auf die Einführung der Reformation gleichzeitig die Entscheidung für das Ende einer bis dahin blühenden Klosterkultur. Bereits sieben Tage nach Gesprächsende trugen die Augustinereremiten am 22. März Kloster und Güter dem Rat an, von Mai bis Juli folgten die Karmeliten, die Kartäuser und die Benediktiner von St. Egidien. Am längsten widersetzten sich die Männer- und Frauenklöster zweier Bettelorden einer Auflösung: 1543 übergaben die Dominikaner und 1562 die Franziskaner ihr Klostergut, 1596 starben die beiden Frauenklöster aus. Mit dem allmählichen Verschwinden der Klostergebäude aus dem Stadtbild ist auch die Erinnerung an die Bedeutung der acht geistlichen Gemeinschaften in den letzten 500 Jahren verblasst.

Klosterbibliothek als Zentrum mittelalterlicher Wissenskultur
Die Ausstellung rückt erstmals die Bibliothek des Nürnberger Dominikanerklosters in den Mittelpunkt – ein einst bedeutendes, heute weitgehend vergessenes und unerforschtes Zentrum mittelalterlicher Wissenskultur. Das Klostergebäude lag direkt neben dem Rathaus an der Burgstraße, die für die kaiserlichen Einzüge in der Reichsstadt genutzt wurde. Nach der Klosterreform von 1396 erfuhr der Bibliotheksbestand so bedeutende Zuwächse, dass 1433 die mit Abstand älteste Klosterbuchbinderei in Nürnberg gegründet wurde. Datierte Einbände von Konrad Forster und seinen Mitbrüdern belegen den kontinuierlichen Ausbau der Bibliothek. Die den Einbänden mit Buchstabenstempeln aufgeprägten Inschriften sind erste Zeugnisse einer mechanischen Vervielfältigung von Texten Jahrzehnte vor Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg um die Mitte des 15. Jahrhunderts. Ein Katalog von 1514 listet über 800 Bände auf 35 Pulten, bis zur Klosterauflösung stieg der Bestand auf rund 930 Werke. Die thematische Ordnung spiegelte die Aufgaben der Dominikaner in Predigt und Seelsorge wider.

Mit Geldschenkungen Nürnberger Bürgerinnen und Bürger erwarben die Dominikaner antiquarisch im 13. und 14. Jahrhundert entstandene, zum Teil kostbar illuminierte Handschriften aus dem Umfeld der Universitäten in Böhmen, Frankreich oder Italien. Die Namen der Stifterinnen und Stifter sowie die Erwerbungsjahre wurden zur Erinnerung an die als Gegengaben versprochenen Fürbitten in den Büchern vermerkt. Viele fehlende Werke fertigten Kopisten vor Ort an; die seit dem frühen 15. Jahrhundert sprunghaft ansteigende Zahl der Bestellungen förderte den Zuzug von Berufsschreibern und Miniaturmalern nach Nürnberg und stärkte die Entwicklung der Reichsstadt zu einem Zentrum der Handschriftenproduktion.

Dass die Bettelmönche sich auch die gemalte Ausstattung von Handschriften und Drucken leisten konnten und sich sogar an der Entwicklung von Bildprogrammen beteiligten, belegen eindrücklich in der Ausstellung gezeigte Originale. Im 15. Jahrhundert verfassten 35 bis 40 Mönche eine beträchtliche Zahl an frömmigkeitstheologischen Schriften für Nonnen und Laien und trugen so zu der in dieser Zeit explodierenden Produktion von Texten in der Volkssprache bei. Ein herausragendes Beispiel gelehrter Dominikanerarbeit ist die Weltchronik von Peter Kirchschlag (1473–1483), die nicht nur als Vorlage für Fresken im Kreuzgang des Klosters diente, sondern auch die Holzschnitte zur Schöpfungsgeschichte in Hartmann Schedels Weltchronik (1493) beeinflusste.

In der Ausstellung: Originale des Kernbestands der Stadtbibliothek
Der Nürnberger Dominikanerkonvent stand gerade im 15. Jahrhundert ob seiner Gelehrsamkeit und strikten Befolgung der Ordensregel in höchstem Ansehen. Seine Leistungen lobten um 1500 noch Sigmund Meisterlin und Hartmann Schedel. Bis in das frühe 16. Jahrhundert profitierten die Dominikaner von unzähligen Stiftungen und Spenden der Stadtgesellschaft. Ihre zuletzt fast 1 000 Bände umfassende Bibliothek galt als so vorbildlich, dass für Georg Spalatin (1484–1545), seit 1512 Verwalter der Schloss- und Universitätsbibliothek in Wittenberg, als Informationsmittel ein Standortkatalog angefertigt wurde. Erste Anzeichen für den Niedergang des Klosters sind ein 1515 aufgedecktes Liebesverhältnis des Priors Johannes Henlein mit einer Nonne und die Flucht des Bruders Gallus Korn, der 1522 als Anhänger Martin Luthers das Leben in der monastischen Gemeinschaft aufgab – er war damit der erste Mönch in Nürnberg, der aufgrund seines Glaubens einem Kloster entfloh. Nach dem Religionsgespräch zog sich die Auflösung wegen des Widerstands einzelner Brüder hin; die letzten fünf Mönche gaben 1543 verarmt auf.

Kuratorinnenführungen und Katalog
Interessierte Besucherinnen und Besucher haben die Gelegenheit, bei Kuratorinnenführungen tiefere Einblicke in die Geschichte der Klosterbibliothek zu erhalten. Die Führungen finden jeweils mittwochs um 17 Uhr auf der Ebene L2 statt. Die Termine sind am 19. März, 2., 16. und 30. April, 7. Mai., 4. und 18. Juni und am 2. Juli 2025.

Zur Ausstellung erscheint ein reich illustrierter Katalog gleichen Titels mit Beiträgen von Lisa Breda-Landl, Duane Henderson und Christine Sauer. Er hat 88 Seiten, enthält zahlreiche Illustrationen und kostet 16,80 Euro. Der Band ist in der Bibliothek erhältlich oder kann online bestellt werden unter nuernberg.de/internet/stadtbibliothek/ausstellung_aufgehoben.html.  

Weitere Informationen zum Themenschwerpunkt „500 Jahre Nürnberger Religionsgespräch. „streit.macht.zukunft.“ gibt es unter go.nuernberg.de/religionsgespraech.    jos