Nr. 388 / 29.04.2021
Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Tamara Chikunova, Trägerin des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreisträgerin 2005, am 31. März 2021 im italienischen Novara im Alter von 72 Jahren verstorben. Chikunova hatte die Auszeichnung für die Gründung und ihren Einsatz in der Organisation „Mütter gegen Todesstrafe und Folter“ erhalten.
Tamara Chikunova hatte nach dem Zerfall der Sowjetunion als Russin in der usbekischen Hauptstadt Taschkent gelebt und musste die persönliche Tragödie erleben, dass ihr Sohn Dmitrij aufgrund einer ungeklärten Anschuldigung zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Sie als Mutter war damals weder über die Hinrichtung informiert worden, noch konnte sie von ihrem Sohn Abschied nehmen. Auch durfte sie seinen Leichnam nicht bestatten, weil dies das usbekische Gesetz für Todeskandidaten vorsah.
Nach diesem traumatischen Ereignis stellte Tamara Chikunova ihr ganzes Wirken in den Kampf gegen Folter und die Todesstrafe, eng an der Seite der christlichen Gemeinschaft St. Egidio, von Amnesty International, Human Rights Watch und anderen Menschenrechtsorganisationen. Um ihr Ziel, die Abschaffung von Todesstrafe und Folter, zu erreichen, leisteten die „Mütter“ auch juristische Hilfestellung für Betroffene. Ein anderer Schwerpunkt ihrer Arbeit war die Information der usbekischen Öffentlichkeit über die Menschenrechte durch Medien, Seminare und Schulungen. Zudem führten die „Mütter“ Statistiken über die Todesurteile und deren Vollstreckung sowie über Folterfälle in Usbekistan. Zahlreiche Repressalien zwangen Tamara Chikunova, Usbekistan zu verlassen. Sie fand dank der Unterstützung der Gemeinschaft St. Egidio eine neue Heimat im italienischen Novara. Ihr letzter Besuch in Nürnberg fand im Rahmen der Menschenrechtspreisverleihung 2015 zum 20-jährigen Jubiläum der Auszeichnung statt.
Oberbürgermeister Marcus König würdigt die Lebensleistung von Tamara Chikunova: „Das Recht auf Leben und das Verbot der Folter gehören zum Kernbestand der Menschenrechte. Frau Chikunova hat mit bewundernswerter Zivilcourage und unter vielen persönlichen Opfern für diese Rechte gekämpft. Menschen wie ihr ist es zu verdanken, dass immer mehr Länder weltweit diese unmenschliche Form der Bestrafung abschaffen.“ maj
Leitung:
Andreas Franke
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