Nr. 554 / 11.06.2021
Nach den massiven gewalttätigen Ausschreitungen im Zuge anhaltender landesweiter Proteste äußerte sich Hollman Morris, Träger des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis von 2011, in einem Radiointerview von Latinotopia am 8. Juni 2021 besorgt über die aktuellen Entwicklungen in seiner Heimat Kolumbien.
Am 25. September 2011 nahm der kolumbianische Journalist Hollman Morris den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis entgegen. In seiner Rede vor zehn Jahren sagte er über die Aktivistinnen und Aktivisten in seiner Heimat: „Eine menschlichere Welt, dafür arbeiten wir.“
Heute steht das Land vor noch größeren sozialen und politischen Herausforderungen. Seit dem 28. April 2021 gibt es anhaltende landesweite Proteste, bei denen es teilweise zu massiven gewalttätigen Ausschreitungen kommt. Laut dem Auswärtigen Amt sind weitere Eskalationen nicht auszuschließen. Ein Ende der Unruhen ist bisher nicht absehbar.
Insbesondere in Cali, einer Stadt südwestlich von Bogotá, gibt es besonders gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Sicherheitsbehörden und Demonstrierenden. Unabhängige Beobachterinnen und Beobachter wie das Büro der Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen berichten, dass die Sicherheitskräfte übermäßig gewalttätig gegen die Protestbewegung vorgehen.
„Eine spezialisierte Polizeieinheit für staatliche Sicherheit, die ESMAD (Escuadrón Móvil Antidisturbios), ist seit ihrer Gründung tödlich für soziale Proteste“, so Hollman Morris im Radiointerview mit William Bastidas von Latinotopia am 8. Juni. Morris macht bereits seit 20 Jahren als Journalist auf deren Verbrechen aufmerksam. So berichtet er, dass Frauen von Polizisten vergewaltigt wurden und den Protestierenden mit Vorsatz in die Augen geschossen werden. Zehn jungen Menschen, die dadurch ihr Augenlicht verloren haben, hat er bereits eine landesweite Stimme in den Medien gegeben.
Für Morris nicht nur eindeutige Verstöße gegen die Menschenrechte, sondern auch von einer Regierung zu verantworten, die diese Menschenrechtsverletzungen nicht nur leugnet, sondern mit ihrer medialen Macht lieber den Vandalismus bei den Protesten im Land in den Vordergrund des Interesses rückt. Nach Hollman Morris‘ Wahrnehmung beginnen aber auch die Kolumbianerinnen und Kolumbianer immer mehr den alternativen und progressiveren Medien zu vertrauen, die vor Ort authentische Stimmen der Proteste und der Menschen auf der Straße einfängt.
Morris appelliert am Ende des Interviews an die internationale Staatengemeinschaft und die Stadt Nürnberg, „Stellung zu beziehen und die Regierung Ivan Duques dazu aufzufordern, dass sie die Massaker beenden sollen, dass das Töten der Demonstranten durch die Polizei aufhört. Außerdem sollen Sie die jungen Kolumbianer unterstützen, die die Stimme erheben gegen einen Staat, der weder das Recht auf Leben, noch Erziehung und Gesundheit respektiert.“
Martina Mittenhuber, Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Nürnberg: „Es ist dramatisch zu sehen, in welch Ferne der Frieden in Kolumbien derzeit rückt. Ich bin dankbar, dass es so wachsame und unerschrockene Journalist*innen wie Hollman Morris gibt, die sich immer wieder selbst in Gefahr begeben, um Menschenrechtsverletzungen aufzudecken und die internationale Gemeinschaft mit ihren Berichten wachrütteln. Ich erwarte, dass sowohl die Bundesrepublik als auch die EU, die den Friedensprozess in Kolumbien mit vielen Programmen unterstützen, deutlich die Einhaltung der Menschenrechte einfordern.“
Das gesamte Interview mit ihm kann sowohl im Original als auch mit deutschen Zusammenfassungen nachgehört werden. Weitere Informationen und Links dazu gibt es auf der Website des städtischen Menschenrechtsbüros unter www.menschenrechte.nuernberg.de.
Leitung:
Andreas Franke
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