Nr. 902 / 09.09.2021
Am 13. August 1971 begann der Tiergarten der Stadt Nürnberg seine Delfinhaltung mit fünf Großen Tümmlern. Vierzig Jahre später wurden im Tiergarten am 30. Juli 2011 die Delfinlagune und das Manatihaus mit der Unterwassereinsicht im Blauen Salon eröffnet. Heute haben die Meeressäugetiere einen gewichtigen Anteil an den Artenschutzbemühungen des Tiergartens als Botschafter für die bedrohten Ozeane. Denn der Schwerpunkt der Delfinhaltung im Tiergarten liegt im Bereich des Artenschutzes und der Forschung. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und Publikationen zu Delfinen stammen aus dem Tiergarten oder wurden durch diesen unterstützt, dies besonders in enger Zusammenarbeit mit der vom Tiergarten 1992 mitbegründeten und hier ansässigen Artenschutzgesellschaft Yaqu Pacha e.V. Eine kürzlich errichtete Großflächenausstellung im Tiergarten Nürnberg erläutert auf 15 Bannern die Geschichte der Nürnberger Delfinhaltung und macht die Notwendigkeit von Delfinarien in der heutigen Zeit deutlich.
Die im Delfinarium Nürnberg gewonnenen Erkenntnisse haben weltweit Bedeutung. Im Dezember diskutierten auf Initiative des Tiergartens und von Yaqu Pacha bei einem Workshop der Weltnaturschutzunion (IUCN) 37 internationale Expertinnen und Experten Möglichkeiten von Ex-situMaßnahmen für den Erhalt bedrohter Kleinwale (Delfine und Schweinswale). Die IUCN fordert in ihrem Bericht vom Oktober 2020 basierend auf den Ergebnissen dieser ESOCC-Konferenz (Ex situ options for cetacean conservation) einen ganzheitlichen integrierten Ansatz zum Schutz eben dieser Walarten.
„Vieles, was wir heute über Sensorik wissen, also wie Delfine ihre Umgebung wahrnehmen, oder über Kognition, also wie intelligent Delfine sind, und auch vieles über ihr Verhalten haben wir den Tieren zu verdanken, die in Menschenobhut gehalten werden“, erklärt Dr. Lorenzo von Fersen, Kurator für Forschung und Artenschutz im Tiergarten Nürnberg. „Viele dieser Informationen helfen uns heute, Tiere im Freiland besser zu schützen, weil wir sie besser verstehen. Hinzu kommt die Entwicklung, die die Veterinärmedizin in diesen Jahren gemacht hat. Heutzutage können wir einen kranken Delfin sehr gut behandeln. Wir können eine gute Diagnose stellen, eine gezielte Therapie entwickeln und diese Erkenntnisse helfen uns auch bei gestrandeten Tieren“, fügt von Fersen hinzu. Als Vorsitzender von Yaqu Pacha hat von Fersen in Zusammenarbeit mit dem Tiergarten Nürnberg unzählige Projekte zum Schutz von Meeressäugetieren angestoßen und umgesetzt. Die jüngste Kampagne widmete sich dem akut vom Aussterben bedrohten kleinen Schweinswal Vaquita.
Von bedrohten Meeren war in den 1960er Jahren noch lange nicht die Rede. Damals löste das idealisierte Bild des Delfins Flipper in der gleichnamigen Filmserie auch in Deutschland eine große Begeisterung für Delfine aus. Bereits 1965 eröffnete in Duisburg das erste deutsche Delfinarium. In Nürnberg gab der Motorenfabrikant und spätere Ehrenbürger Max Hintermayr mit einer großzügigen Spende den entscheidenden Anstoß für den Bau eines Delfinariums. Von Anfang an war das Delfinarium ein Publikumsmagnet. Dominierte in den ersten Jahren der Zirkuscharakter, kamen bald inhaltliche Informationen über die Tiere dazu. Schon ab 1986 bot die neugeschaffene Zooschule Unterrichtseinheiten im Delfinarium an. Ab 1991 begann die wissenschaftliche Erforschung der Meeressäuger im Delfinarium.
Eine Besonderheit der Delfinhaltung in Nürnberg ist die Vergesellschaftung von Großen Tümmlern mit Robben, heute sind das Kalifornische Seelöwen. Neben den Großen Tümmlern hielt der Tiergarten einige Zeit Sotalia-Delfine (ab 1977), Seebären (ab 1981) und Guayana-Delfine (ab 1988). Insgesamt wurden mit Nemo (1986), Nando (1990) Noah (1993), Neike (1993), Naomi (1998) und Nami (2014) sechs im Tiergarten Nürnberg geborene Delfine groß. Sie wie alle anderen Nürnberger Delfine sind Teil des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EAZA Ex-situ Programme, EEP) für Große Tümmler. Dem Programm gehören seit 2007 fast alle wissenschaftlich geführten Delfinarien Europas an. Das EEP ist seit 2003 vollständig selbsterhaltend und basiert seither nur noch auf eigenen Nachzuchten. Von der derzeit fast 270 Tieren im EEP sind mit weiter steigender Tendenz derzeit 80 Prozent in Zoos geboren.
Umfangreiche Informationen über die Delfinhaltung im Tiergarten Nürnberg erhalten Interessierte unter anderem:
Bild Download: Bild 1
Delfinweibchen Jenny mit seinem Jungtier Nami 2014.
(Bild: Mathias Orgeldinger / Stadt Nürnberg, JPG-Datei 1.4 MB)
Bild Download: Bild 2
Blick in ein Becken der Delfinlagune mit Großen Tümmlern und Kalifornischen Seelöwen durch die Unterwasserscheibe des Blauen Salons.
(Bild: Mathias Orgeldinger / Stadt Nürnberg, JPG-Datei 1.6 MB)
Leitung:
Andreas Franke
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