Nachrichten aus dem Rathaus

Nr. 1175 / 16.11.2021

„Vor uns und nach uns“: Ausstellung der Gesellschaft für
Familienforschung in Franken in der Stadtbibliothek

Nürnberg ist der Sitz des ältesten familiengeschichtlichen Vereins in Bayern: Vor 100 Jahren, am 8. November 1921, gründete sich hier die Bayerische Ortsgruppe Franken des Roland, der Vorläufer der heutigen Gesellschaft für Familienforschung in Franken (GFF). Anlässlich ihres Jubiläums lädt diese zusammen mit der Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg zur Ausstellung „Vor uns und nach uns“ ein. Die Ausstellung bietet einen Überblick über die Vorgeschichte, die Entwicklung und die vielfältigen Arbeitsgebiete des gemeinnützigen Vereins. Sie ist von Samstag, 20. November 2021, bis Samstag, 26. Februar 2022, in der Stadtbibliothek Zentrum, Gewerbemuseumsplatz 4, Ausstellungskabinett auf der Ebene L2, während der regulären Öffnungszeiten zu sehen. Der Eintritt ist frei. Es sind die Corona-Regeln der aktuell gültigen Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung zu beachten, zu finden unter https://www.nuernberg.de/internet/stadtbibliothek/

Als Regionalgruppe des Dresdener Roland war die Bayerische Ortsgruppe Franken des Roland Teil eines Gesamtvereins, der seit 1902 eine spezifisch bürgerliche Familienforschung vertrat. Er unterschied sich damit von den älteren Vereinen, die in erster Linie aristokratische Interessen und Arbeitsgebiete gepflegt hatten. Denn tatsächlich haben Fragen nach der eigenen Herkunft und Verortung eine vielhundertjährige Tradition vor allem im Adel. Genealogie, also die Ahnen- und Familienforschung, diente in diesen Kreisen nicht nur der Selbstdarstellung und Traditionsbildung, sondern auch der Rechts- und Besitzwahrung. Ein entsprechendes Herkunfts- und Vernetzungsbewusstsein entwickelte sich in nichtaristokratischen Kreisen erst nach und nach. Die eigene Person dauerhaft zu dokumentieren, die Ursprünge der Familie und die verwandtschaftlichen Beziehungen festzuhalten, wurde dort erst in der frühen Neuzeit üblich. Dabei bediente man sich verschiedener Medien, die meist nur innerhalb der Familien überliefert wurden.

In der von der Stadtbibliothek und der Gesellschaft für Familienforschung in Franken gemeinsam konzipierten Ausstellung sind nun prachtvolle Handschriften und ausgewählte Drucke der Stadtbibliothek sowie unterschiedliche Realien, Archivalien und Publikationen aus den Beständen der GFF und aus Privatbesitz zu sehen. Zwei Medienstationen erlauben zudem den Zugriff auf den geschlossenen Bereich der Website der GFF, der ansonsten den Mitgliedern vorbehalten ist. In der Ausstellung wird zunächst der Entwicklung genealogischen Denkens in patrizischen und bürgerlichen Familien seit dem Spätmittelalter nachgegangen. Aristokratische Repräsentation und Erinnerungssetzung wurden seit dem 17. Jahrhundert verstärkt aufgegriffen und mündeten während der Aufklärung in eine Verwissenschaftlichung der Genealogie, die vereinzelt auch schon nichtadelige Familien berücksichtigte. Das wachsende bürgerliche Selbstbewusstsein bediente sich bald auch neuer Formen der Selbstdokumentation. Und das Interesse an der eigenen Herkunft schlug sich endlich auch im Vereinswesen nieder; die Nürnberger Gründung war die zweite in Süddeutschland.

Die GFF als Selbsthilfeorganisation der fränkischen Familienforscher
Schon 1925 trennte sich die bisherige Ortsgruppe vom Roland und verselbstständigte sich als Gesellschaft für Familienforschung in Franken. Sie versammelte zunächst überwiegend Vertreter der technischen und administrativen Intelligenz, erfasste aber rasch auch andere Milieus. Die Konkurrenz zum 1922 in München gegründeten Bayerischen Landesverein für Familienkunde führte zu einem energischen Ausgreifen in Franken und zur Kooperation mit historischen Regional- und Lokalvereinen sowie insbesondere mit dem Staatsarchivwesen. Während der NS-Zeit versuchte man von der Konjunktur der verordneten „Sippenforschung“ zu profitieren, wehrte sich aber auch gegen die staatliche Gleichschaltungspolitik. Bei allem blieb man bei einer primär kulturhistorischen Arbeitsweise und hielt sich von den florierenden eugenischen und rassepolitischen Narrativen weitestgehend fern. Nach der kriegsbedingten Unterbrechung der Arbeit begann schon 1946 die Reaktivierung der GFF, die sich mit heute über 1 400 Mitgliedern zu einem der größten und aktivsten genealogischen Regionalvereine im deutschsprachigen Raum entwickelt hat. In Kooperation mit staatlichen, kommunalen und kirchlichen Institutionen arbeitet die GFF an zahlreichen Digitalisierungs- und Erschließungsprojekten, verfügt über ein umfangreiches familiengeschichtliches Archiv und eine große Fachbibliothek. Sie berät Interessenten bei ihren Recherchen, bietet Weiterbildungsveranstaltungen an und macht wichtige Quellen und Datenbestände im Druck und im Internet zugänglich. Zu den wichtigsten Arbeitsgebieten gehören neben der Exulantenforschung die Ortsfamilien- und Häuserforschung und die Sicherung und Erschließung kultur- und sozialgeschichtlicher Quellen. Die von der GFF vertriebene Genealogiesoftware GFAhnen gehört zu den ambitioniertesten Programmen auf dem deutschsprachigen Markt.

Publikation zum hundertjährigen Vereinsjubiläum
Zum Jubiläum ist außerdem eine zweibändige, 1 300 Seiten umfassende Geschichte der GFF erschienen (Werner Wilhelm Schnabel: Hundert Vereinsjahre. Die Gesellschaft für Familienforschung in Franken 1921– 2021. Nürnberg 2021). Die Publikation ist im Buchhandel oder direkt bei der GFF zum Preis von 60 Euro zu beziehen. jos

Weitere Informationen zur Ausstellung: https://www.nuernberg.de/internet/stadtbibliothek/ 
Weitere Informationen zum Verein, dessen Arbeit und zum Erwerb der Festschrift auf der Homepage der GFF: https://www.gf-franken.de/de/startseite.html

 

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