Orientierungsrahmen für die Jugend-, Familien-, Senior*innen-, Bildungs- und Sozialpolitik in Nürnberg
Inklusiv und Nachhaltig
Vorwort
Solidarisch, demokratisch und gerecht wollen wir unsere Stadtgesellschaft und das Miteinander gestalten. Die kommunale Jugend-, Familien-, Senior*innen-, Bildungs- und Sozialpolitik in Nürnberg bereitet dafür den Boden – als Kern der Daseinsvorsorge, als Basis für die Existenzsicherung und als Voraussetzung für Lebensqualität und Zukunftsperspektiven. Dabei handeln wir niemals allein, sondern gemeinschaftlich mit vielen Akteurinnen und Akteuren, Institutionen und Ressorts.
Mit den zehn Leitlinien des Orientierungsrahmens bringen wir unser sozialpolitisches Selbstverständnis zum Ausdruck, als Richtschnur für uns selbst und als Zusage an die Stadtgesellschaft.
Die Herausforderungen verändern sich, viele Grundkonstanten bleiben bestehen. Der Orientierungsrahmen wurde 2005 erstellt und seitdem zweimal überarbeitet. Jetzt legen wir die dritte umfassende Weiterentwicklung vor, erstmals seit meinem Amtsantritt im Mai 2020. Den Leitlinien vorangestellt haben wir zwei wesentliche Qualitäten, die unser Tun beschreiben und prägen sollen.
Nürnberg, im Dezember 2022
Elisabeth Ries
Referentin für Jugend, Familie und Soziales
Die zehn Leitlinien
Leitlinie 1: Gesellschaftliche Vielfalt gemeinsam leben
Die Menschen, die die Nürnberger Stadtgesellschaft bilden, sind vielfältig. Vielfalt ist Grundkonstante menschlicher Gemeinschaften und bereichert das Zusammenleben. Sie soll auch und gerade vor Ort sichtbar gemacht, unterstützt und wertgeschätzt werden. Gleichzeitig muss uns klar sein, dass Unterschiede bewusste oder unbewusste Wertungen auslösen und damit dazu beitragen können, dass Menschen aufgrund tatsächlicher oder zugeschriebener Merkmale ausgegrenzt und an der vollen Teilhabe gehindert werden. Eine Normalität der Vielfalt bedeutet für unsere Arbeit deshalb die stete Auseinandersetzung mit Konzepten und Ansätzen zur Diversität, Inklusion, Interkulturalität, Antidiskriminierung und Gleichstellung.
Während die erste Leitlinie die Basis bildet und fachlich übergreifende Themenstellungen bearbeitet, werden konkrete fachliche Grundlagen in den weiteren Leitlinien aufgegriffen und umgesetzt (z. B. zur Arbeit in Kindertageseinrichtungen, Pflegeeinrichtungen etc.). Wir sehen die Gestaltung des vielfältigen Miteinanders als Daueraufgabe in allen unseren Tätigkeitsbereichen und sind dabei immer wieder aufgefordert, Routinen daraufhin zu überprüfen, ob sie vielfaltssensibel sind, Teilhabe fördern und alle Potenziale zur Geltung bringen.
Dazu gehört auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich die diverse Stadtgesellschaft in den Reihen unserer Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter, in Funktionen und Ämtern, bei Ehrungen und Preisen widerspiegelt und inwieweit die „interkulturelle Alphabetisierung aller“ im fachlichen und im Alltagshandeln bereits Wirkung zeigt oder was dazu noch weiter zu tun ist. Ebenso wird die strukturierte Mitarbeit unseres Geschäftsbereichs in den Gesamtkonzepten der Stadt Nürnberg, beispielsweise dem Gleichstellungsaktionsplan, dem Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, zum „Queeren Nürnberg“ oder am Integrationsprogramm in dieser Leitlinie abgebildet.
Leitlinie 2: Familien stärken, Erziehung unterstützen
Wir wollen die Lebensbedingungen von Familien so gestalten, dass das Familienleben in unterschiedlichen Lebensphasen und Konstellationen gut gelingt und dass Eltern wie Kinder Hilfe in herausfordernden Alltags- und Krisensituationen finden.
Unser Familienbegriff berücksichtigt die Vielfalt von Lebensformen: Familie ist da, wo Menschen langfristig Verantwortung füreinander übernehmen. Kindererziehung spielt hier eine zentrale Rolle, aber auch die Fürsorge für Eltern, Angehörige und Partnerinnen und Partner gehören dazu.
• Wir wollen Familien durch gute und bedarfsgerechte Beratungs- und Betreuungsangebote gerade in schwierigen Lebenssituationen unterstützen und finanzielle Hilfen ermöglichen. Präventive und niedrigschwellige Angebote im Quartier nehmen dabei eine besonders wichtige Rolle ein.
• Wir sind für Eltern verlässliche Partner und reduzieren durch transparente Kommunikation und möglichst effiziente Platzvergabe die Zeiten der Unsicherheit bei der Betreuungsplatzsuche.
• Wir wollen die Stadt kinder-, jugend- und familienfreundlicher gestalten.
• Entscheidend für die Vereinbarkeit von Familienaufgaben – Kindererziehung und Pflege von Angehörigen – und Berufstätigkeit ist die Arbeitswelt. Wir setzen uns mit Partnerorganisationen für eine familienorientierte Personalpolitik in Unternehmen ein, werben darum und fordern die Umsetzung kontinuierlich ein.
Leitlinie 3: Rechte von Kindern und Jugendlichen durchsetzen
Kinder und Jugendliche wachsen in einer von den Interessen und den Präferenzen Erwachsener geprägten Welt auf, die über ihre Zukunftschancen entscheiden. Ihre Perspektiven sind oft unterrepräsentiert, da sie zahlenmäßig weniger sind und noch kein Wahlrecht besitzen. Aber Kinder und Jugendliche haben Rechte. Es ist unsere Aufgabe, auf Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention und den gesetzlichen Grundlagen zur Durchsetzung ihrer sozialen, materiellen und politischen Rechte beizutragen.
• Wir stärken und schützen Kinder und Jugendliche und nehmen unsere gesetzliche Verantwortung durch systematische Planung, Steuerung und Beteiligung wahr.
• Wir treten für die Bedürfnisse und Interessen junger Menschen ein, bieten Gelegenheiten der politischen Partizipation und der Selbstorganisation, lassen sie zu Wort kommen und verschaffen ihren Anliegen Gehör.
• Junge Menschen brauchen Spiel-, Begegnungs- und Entfaltungsmöglichkeiten – auch im öffentlichen Raum. Wir unterstützen und begleiten sie dabei und tragen dazu bei, positive Lebensbedingungen sowie eine kinder-, jugend- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.
• Wir müssen immer wieder für Gefährdungssituationen junger Menschen sensibilisieren und mit unseren Diensten, Einrichtungen und anderen Trägern frühzeitig und wirkungsvoll Hilfen und Schutz bieten.
Leitlinie 4: Bildung im Lebenslauf fördern, früh beginnen
Bildung ist ein lebenslanger Prozess. Eine frühzeitige Förderung von Gestaltungs- und Handlungskompetenzen ist eine wichtige Voraussetzung für ein gelingendes selbstbestimmtes Leben. Doch auch jenseits des Kinder- und Jugendalters ist die Förderung von Bildung eine Voraussetzung und gleichzeitig auch Ausdruck von Teilhabe.
Eine besondere Aufmerksamkeit benötigen dabei Übergangsphasen: Kinder beim Eintritt in Krippe und Kindergarten, bei der Einschulung und beim Schulartwechsel, Jugendliche an der Schwelle ins Berufsleben, Erwachsene bei beruflichen Umbrüchen, in wirtschaftlichen oder Lebenskrisen, Zugewanderte beim Eintritt in das deutsche Qualifikationssystem sowie Seniorinnen und Senioren in der nachberuflichen Phase.
Politische und gesellschaftliche Bildung sind zudem wesentliche Voraussetzungen für die Erfahrung von Selbstwirksamkeit, die Mitwirkung aller und damit für den Bestand unseres demokratischen Gemeinwesens.
• Wir stellen hochwertige Bildung, Betreuung und Erziehung für alle Altersgruppen bis zum Ende der Grundschulzeit sicher.
• Wir unterstützen Eltern bei der Suche nach geeigneten Betreuungsformen und der Gestaltung von Übergängen.
• Wir stärken den Bildungsauftrag der Familien durch integrierte Angebote in Kindertageseinrichtungen, der Familienbildung und der familienfreundlichen Schule.
• Die Kinder- und Jugendarbeit schätzen wir als wesentlichen Pfeiler der non-formalen Bildung und Entwicklung junger Menschen.
• Wir tragen dazu bei, Kooperationen zwischen formaler, informeller und nonformaler Bildung weiterzuentwickeln, von denen alle Altersgruppen profitieren. Da Kinder und Jugendliche viel Zeit in der Schule verbringen, fällt der Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe eine besondere Rolle zu.
• Sei es der begleitete spielerische Umgang in Kinder- und Jugendeinrichtungen oder spezielle Kursangebote für Eltern und Seniorinnen und Senioren: Wir unterstützen Medienbildung und den Erwerb digitaler Handlungskompetenz und ein kritisches Nutzungsverhalten als Grundlage für eine mündige Mediennutzung.
• Im Laufe eines Lebens kann es auch beruflich immer wieder zu geplanten oder ungeplanten (Um-)Brüchen kommen. Eine solide Grundbildung, schulische und berufliche Qualifizierung sind beste Voraussetzungen für den Erfolg am Arbeitsmarkt. Manchmal braucht es dazu eine zweite und auch dritte Chance. Hierbei helfen wir, beispielsweise durch berufliche (Neu-)Orientierung, Erprobung und Qualifizierungen, nachholende Abschlüsse und Integrationskurse.
Leitlinie 5: Beschäftigung ermöglichen
Arbeit und Beschäftigung sind der wirksamste Schutz vor (Einkommens-)Armut. Arbeit bedeutet für Menschen in jedem Lebensalter aber weit mehr als „nur“ Geld zu verdienen: Sie stiftet Sinn, macht Selbstwirksamkeit erfahrbar, ermöglicht Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und trägt besonders für junge Menschen zur Identitätsentwicklung bei.
• Darum setzen wir uns für einen sozialen Arbeitsmarkt ein und ermöglichen (unterstützte) Beschäftigung auch für Menschen mit besonderen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt: Jugendliche und junge Erwachsene ohne Ausbildungsplatz, Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose mit multiplen Problemlagen, Menschen mit wesentlicher Behinderung, ältere Beschäftigte vor der Rente und Geflüchtete mit Arbeitsmarktzugang.
• Dazu nutzen wir die Gestaltungsspielräume der Beschäftigungs- und Sozialpolitik und koordinieren sie auf kommunaler Ebene. Als einer der Träger des Jobcenters Nürnberg-Stadt und gemeinsam mit anderen – allen voran den städtischen Töchtern Noris-Arbeit (NOA) gGmbH, NOA.kommunal GmbH und noris inklusion gGmbH – entwickeln wir Strategien der sozialen und arbeitsmarktlichen Qualifizierung und Integration, ermöglichen einen gesamtstädtischen Mehrwert durch die Einsatzfelder und können flexibel und schnell auf Arbeitsmarkterfordernisse reagieren.
• Wir denken Zuständigkeiten zusammen und bauen gemeinsam mit Partnerorganisationen in allen unseren Handlungsfeldern Barrieren bei der Beschäftigungsaufnahme ab.
Leitlinie 6: Perspektiven nach Flucht und Neuzuwanderung eröffnen
Wir heißen Neubürgerinnen und Neubürger in unserer Stadt willkommen und unterstützen sie dabei, hier eine Heimat zu finden, indem wir vor allem in der – oft mehrjährigen – Phase des Ankommens Brücken in die Aufnahmegesellschaft bauen. Das umfasst möglichst einfache Zugänge zu Angeboten und Diensten der Daseinsvorsorge sowie zur gesellschaftlichen Teilhabe.
• Wir stellen koordinierte und stabile Hilfen für Geflüchtete sicher, die auch und gerade in Krisenzeiten schnell und verlässlich funktionieren. Geflüchteten Kindern und Jugendlichen bieten wir besonderen Schutz.
• Wir sorgen dafür, dass ausreichend Kapazitäten zur Gemeinschaftsunterbringung vorhanden sind. Die Integrationsarbeit muss so früh wie möglich beginnen und zwar bereits in den Unterkünften.
• Von Kindertageseinrichtungen, Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit über Beratungsstellen und Begegnungsorten bis hin zur Pflege – unsere Angebote und Möglichkeiten stehen auch Neuzugewanderten und Geflüchteten offen. Dabei müssen wir in unserer Arbeit immer wieder reflektieren, wie wir die Brückenfunktion beim Ankommen ausfüllen können.
• Sprache ist ein Schlüssel zur Integration. Hier sind berufsspezifische und andere Deutschkurse und –angebote (weiter) zu entwickeln. Auch müssen wir unsere eigene Kommunikation hinterfragen und immer wieder anpassen.
• Hauptamtliche Unterstützungsangebote werden ergänzt durch ehrenamtliches Engagement der Aufnahmegesellschaft, das in Nürnberg seit Jahren außerordentlich hoch ist.
• Neben der Bereitstellung existenzsichernder Hilfen zeigen wir Wege zur beruflichen, schulischen und gesellschaftlichen Integration auf.
• Für gelingende Integration müssen viele Zuständigkeiten, innerhalb der Stadtverwaltung und darüber hinaus, ineinandergreifen. Deshalb sind eine intensive bereichs- und ebenenübergreifende Kooperation und Aufmerksamkeit für Schnittstellen erforderlich.
Leitlinie 7: Armut bekämpfen, Teilhabe verwirklichen
Armut bedeutet materielle Einschränkungen und psychische Belastungen, aufgrund eines dauerhaft geringen oder prekären Einkommens. Auch wer gerade so über die Runden kommt, aber in stetiger Unsicherheit lebt, ob das Geld bei unvorhergesehenen Ausgaben reicht, lebt unter erheblichem Druck. Wer arm ist, erfährt oft auch Benachteiligung in anderen Lebensbereichen wie Bildung, Berufsleben, Gesundheit sowie kultureller, politischer und sozialer Teilhabe.
Viele Menschen bleiben langfristig, ja lebenslang in Armut und Benachteiligung, und allzu oft wird sie über die Generationen hinweg weitergegeben.
Als Kommune legen wir weder Tarif-Mindestlöhne noch Regelsätze fest. Aber wir wollen unseren Spielraum nutzen, um Armut zu verhindern und zu bekämpfen: indem wir Chancen eröffnen, Sozialleistungen so organisieren, dass Leistungsberechtigte sich nicht abgeschreckt oder beschämt fühlen und indem wir Benachteiligungen, die sich aus Armut und sozialer Ungleichheit ergeben, möglichst abmildern. Die Ermöglichung von Teilhabe – unter anderem mit Hilfe des Nürnberg-Passes – ist kommunale Kernkompetenz.
• Wir entwickeln Konzepte und Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen in Armutslagen und überprüfen diese regelmäßig, sodass sie ohne Barrieren zugänglich sind.
• In unterschiedlichen Lebensaltern und -lagen äußert sich Armut unterschiedlich und bedarf deshalb verschiedener Zugänge. Überproportional betroffen und deshalb besonderes im Fokus sind weiterhin Kinder und Jugendliche, bei denen Armut zudem auch zu lebenslangen Benachteiligungen führen kann. Wir entwickeln geeignete Instrumente für Armutsprävention und Armutsbekämpfung bei Langzeitarbeitslosen, Alleinerziehenden, Seniorinnen und Senioren, Obdachlosen, Suchtkranken und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte.
• Unsere Unterstützung geht über materielle Leistungen der Existenzsicherung und Teilhabeförderung hinaus. Wir möchten gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen durch Beratungs- und Unterstützungsangebote Chancen eröffnen, für selbstbestimmte und eigenverantwortliche Wege aus der Armut.
• Wir fördern einen fachlichen Austausch, eine Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung zu Armut. Dabei gehen wir immer wieder der Frage nach, wie eine die Würde der Hilfesuchenden wahrende Gestaltung der Angebote unsererseits auf allen Ebenen gewährleistet werden kann.
• Mit unseren Einrichtungen und Diensten sorgen wir für eine Gerechtigkeitsinfrastruktur etwa in den Bereichen Bildung, Aufwachsen und Arbeitsmarktbeteiligung. Der Nürnberg-Pass mit der zeitgemäßen Weiterentwicklung als App bleibt unser wichtiges Kommunikations- und Bündelungsinstrument.
Leitlinie 8: Lebensqualität im Alter und in der Pflege sichern
Auch Nürnbergs Stadtgesellschaft wird älter. Alter bedeutet glücklicherweise für immer mehr Menschen, länger aktiv und selbstbestimmt zu leben und sich einer hohen Lebensqualität zu erfreuen. Die Lebensphase Alter wird so für viele zu einer „Gestaltungszeit“, in der neue Freiräume für die eigene Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung genutzt werden. Dazu gehört auch eine hohe Bereitschaft, sich für das Wohl der Gemeinschaft zu engagieren.
Andererseits nimmt im höheren Lebensalter auch die Pflegebedürftigkeit zu. Hinzu kommen Probleme wie Armut im Alter, Einsamkeit und psychische Erkrankungen. Die Veränderung der Familienformen führt zu einer großen Zahl Älterer, die nicht in einem stabilen, sorgenden Familienverbund leben, innerhalb dessen familiäre Unterstützung und Pflege geleistet werden (kann), wenngleich immer noch auch in der Großstadt ein erheblicher Teil der Pflegeleistungen durch Angehörige erbracht wird.
Die Diversität der Stadtgesellschaft bedeutet auch Diversität des Alters. Daraus muss eine Diversität der Begegnungs-, Teilhabe- und Unterstützungsangebote für ältere Menschen folgen und eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir Lebensqualität und ein gutes Leben – bei sich verändernden Bedürfnissen – im Alter unterstützen können.
• Wir ermöglichen soziale und kulturelle Teilhabe für Ältere, unabhängig von Herkunft, Orientierung, Behinderung und wirtschaftlicher Situation.
• Wir bündeln neutrale Beratungsangebote und unterstützen Seniorinnen und Senioren und ihre Angehörigen – analog und digital. Insbesondere mit dem Pflegestützpunkt beraten wir kompetent zu allen Fragen rund um die Pflege, verstärken den quartiersnahen Zugang zur Beratung und fördern den Verbleib in der Häuslichkeit durch individuelle Wohnraumanpassungsberatung.
• Teilhabe und Unterstützung soll möglichst vor Ort, im Quartier, ermöglicht werden. Die Seniorennetzwerke spielen hier eine zentrale Rolle.
• Neben analogen Begegnungsmöglichkeiten im Alter engagieren wir uns auch für Wege und Möglichkeiten zur digitalen Teilhabe.
• Wir tragen dazu bei, die pflegerische und pflegebezogene Versorgungsstruktur bedarfsgerecht sicherzustellen und zu verbessern, etwa durch die Pflegebedarfsermittlung, die Pflegequalitätsoffensive mit Pflegepreis und trägerübergreifenden Qualitätszirkeln und die Standortsicherung für neue Einrichtungen. Zudem mischen wir uns in die überörtlichen politischen Debatten um eine stärker steuernde Rolle der Kommunen ein.
• Mit dem städtischen NürnbergStift werden wir weiterhin Pflegeeinrichtungen und -dienste in kommunaler Verantwortung anbieten. Unser Anspruch ist es, im personell und finanziell zunehmend schwierigen Umfeld Vorreiter bei der Betreuungs- und Pflegequalität zu bleiben und ein Netz der Daseinsvorsorge zu spannen. Dabei entwickeln und erproben wir mit dem Pflegepraxiszentrum innovative technische Lösungen.
• In Kooperation zwischen NürnbergStift und der noris inklusion gGmbH organisieren wir Hilfen für Menschen mit wesentlicher Behinderung im Alter.
Leitlinie 9: Stadtentwicklung, Wohnen und Nachbarschaft sozial gestalten
Soziale Politik wird da erfahrbar, wo die Menschen wohnen und leben – im Stadtteil, in der Nachbarschaft. Dort findet ein großer Teil an Begegnung und Teilhabe statt. Dies gilt vor allem für Menschen, die weniger mobil sind. Mit unseren Angeboten und Netzwerken tragen wir zu einem solidarischen Miteinander vor Ort bei und wirken Segregation entgegen.
Stadtteile verändern sich. In Nürnberg nehmen die Konkurrenzen um Wohnen, Grün, Spielen, Gewerbe und soziale Infrastruktur durch die Flächenknappheit, die Preisentwicklung am Grundstücks- und Wohnungsmarkt und Bevölkerungswachstum weiter zu. Wir wirken darauf hin, die Bedeutung sozialer Infrastruktur im Stadtteil auch über den engen Kanon der Pflichtaufgaben hinaus deutlich zu machen und sie bedarfsgerecht vorzuhalten.
Wohnen ist eine grundlegende Dimension der Existenzsicherung. Wir bringen die Perspektive des Sozialen in die Wohnungspolitik vor Ort ein.
• Wir sorgen dafür, dass soziale (Fehl-)Entwicklungen in Stadtteilen frühzeitig erkannt und bearbeitet werden.
• Wir setzen uns für eine bedarfsgerechte soziale Infrastruktur im Quartier sowie angemessene Spiel- und Freiräume ein und arbeiten weiter daran, unsere Einrichtungen und Dienste (noch stärker) für die Bedarfe und Potenziale im Quartier zu öffnen.
• Mit dem Sozialamt als Unterbringungsbehörde finden wir Wohnlösungen und Unterbringung für besonders vulnerable Gruppen.
• Wir engagieren uns bei der Entwicklung neuer, bezahlbarer Formen des Wohnens zwischen Satzungsrecht (Unterbringung) und Einzelmiete für besondere Zielgruppen.
• Stadtentwicklung, Wohnen und Nachbarschaft sind Themenbereiche, die nur durch integrierte Planungen zielführend bearbeitet werden können. Wir denken soziale Fachplanungen quartiersbezogen zusammen, engagieren uns in Stadtteilnetzwerken und bringen uns mit einer kinder-, jugend-, alters-, familien- und diversitätsgerechten Perspektive in die gesamtstädtischen Stadtentwicklungsgremien ein.
• Wir berücksichtigen die Folgen der Klimaerwärmung auf besonders hoch verdichtete Stadtgebiete bei Flächenkonkurrenzen und setzen uns für Klimagerechtigkeit im lokalen Zusammenhang ein.
• Wir engagieren uns besonders in sozial belasteten Stadtteilen. Stadtteilkoordination, Unterstützung durch Stadtteilpatenschaften oder Nachbarschaftszentren spielen dabei eine besondere Rolle.
Leitlinie 10: Bürgerschaftliches Engagement aktivieren und würdigen
Das Engagement der Bürgerinnen und Bürger in Form von Zeit, Wissen und Geld ist eine wichtige Voraussetzung für unser demokratisches Gemeinwesen. Wer sich für das Funktionieren des Miteinanders und für die Verbesserung von Missständen einsetzt, ist aktiver Bestandteil der Zivilgesellschaft und stärkt das Fundament der Demokratie.
Engagement und die Übernahme von Verantwortung hat viele Formen: vom klassischen Ehrenamt in Vereinen, Feuerwehr und Hilfsorganisationen, über die freiwillige, auch punktuelle Mitarbeit bei sozialen, ökologischen oder kulturellen Projekten, Bewegungen und Initiativen über finanzielles Engagement, Spenden und Stiftungen bis zum Corporate Citizenship als Beiträge von Unternehmen.
Die Ermutigung zum bürgerschaftlichen Engagement ist eine wichtige sozialpolitische Aufgabe. Die Rolle des Geschäftsbereichs liegt dabei nicht in erster Linie in der Umsetzung einzelner Projekte, sondern in der strategischen Ausrichtung, der Strukturbildung, der Initiierung neuer Engagementanlässe, der Netzwerk- und Konzeptionsarbeit und allgemein der Stärkung des Bewusstseins und Verbesserung der Bedingungen für das Ehrenamt. Wir müssen die Strukturen schaffen und stabilisieren, in denen Ehrenamt möglich ist und Anerkennungskultur pflegen und ausbauen. Die persönlichen Interessen der Engagierten etwa nach sozialen Kontakten, Fortbildung und Mitbestimmung müssen ebenso berücksichtigt werden wie die Interessen derer, die vom Engagement profitieren.
• Wir erleichtern Zugänge zu Möglichkeiten des Engagements – auch und gerade für junge Menschen, Seniorinnen und Senioren und Menschen mit Migrationsgeschichte. Wir entwickeln neue Formen des Ehrenamts, zeigen Möglichkeiten zur aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auf und bieten Informations- und Vernetzungsplattformen.
• Eine große Verantwortung sehen wir im Engagement für besonders unterstützungsbedürftige Bevölkerungsgruppen: Dazu gehört etwa die Entlastung von Familien und die Unterstützung von Bildung und sozialer Integration von Kindern. Familien und Kinder profitieren z.B. von Familienpatenschaften, von Vorlesefreundinnen und –freunden in Kindertageseinrichtungen. Auch bei der Armutsprävention und bei der positiven Gestaltung des Alters prägt bürgerschaftliches Engagement in all seinen Erscheinungsformen die Stadtgesellschaft entscheidend mit.
• Durch fachliche Unterstützung und Weiterbildung, Unterstützung durch Sachmittel und Räume und Preisvergaben bringen wir Wertschätzung und Würdigung bürgerschaftlichen Engagements zum Ausdruck.
• Die zurückliegenden und aktuellen Krisen haben die besondere Stärke des freiwilligen Engagements durch Flexibilität, Einsatzbereitschaft und Ressourcen gezeigt – die Hebelwirkung durch schnelle Aktivierung und Mobilisierung ist erheblich. Um diese herausragende Stärke der engagierten Stadtgesellschaft gerade in Zeiten der Not bestmöglich zur Wirkung zu bringen, schaffen wir Voraussetzungen und Strukturen auch für Krisen, die heute noch nicht absehbar sind, und stärken auch so das Vertrauen in den demokratischen Staat.