Fachprofil Ethik
Das Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) umreißt den Ethikunterricht in Art 47 folgendermaßen:
(1) Ethikunterricht ist für diejenigen Schülerinnen und Schüler Pflichtfach, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen.
(2)
1. Der Ethikunterricht dient der Erziehung der Schülerinnen und Schüler zu werteinsichtigem Urteilen und Handeln.
2. Sein Inhalt orientiert sich an den sittlichen Grundsätzen, wie sie in der Verfassung und im Grundgesetz niedergelegt sind. 3Im Übrigen berücksichtigt er die Pluralität der Bekenntnisse und Weltanschauungen.
Im Absatz 1 wird die historische Genese des Ethikunterrichts ersichtlich. Als im Rahmen der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft ab den 1970er Jahren immer mehr Schüler vom schulischen Religionsunterricht abgemeldet wurden, ergab sich die Notwendigkeit nach einem „Ersatzunterricht“ für die „Religionsflüchter“, da diese während der Unterrichtszeiten des Schulfachs Religion frei hatten. Unter Initiative der beiden konfessionellen Kirchen wird bereits Mitte der 1970 der „Ersatzunterricht Ethik“ zu einem Pflichtfach, sodass die „Religionsflüchter“ nun in das Pflichtfach Ethik wechseln müssten. Die frühen Lehrpläne waren stark geprägt vom Einfluss der Kirchen und der Unterricht wurde, da es keine ausgebildeten Lehrer gab, meist fachfremd unterrichtet, teilweise sogar von Religionslehrern.
Im Laufe der Zeit emanzipierte sich das Fach Ethik immer mehr und interessierte Lehrer konnten an der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung einen Qualifikationskurs besuchen. Bis heute hat sich die Situation so weit verbessert, dass Philosophie/Ethik laut LPO I sogar vertieft studiert werden kann. An der FAU Erlangen-Nürnberg ist es weiterhin nur aus Erweiterungsfach möglich.
Trotz der Emanzipationsbestrebungen des Faches Ethik aus dem Schatten der Schulfaches Religion ist Ethik selbstverständlich weiterhin ein Fach zur Erziehung der Lernenden zu „werteeinsichtigem Urteilen und Handeln“, was natürlich den Kernbereich der Praktischen Philosophie abbildet.
Am Hermann-Kesten-Kolleg Nürnberg wird das Fach Ethik ab der Eingangsklasse (dort leider nur einstündig) bis zum Abschluss der Q-Phase (in der II. und III. Klasse dann zweistündig) unterrichtet. Beide Lehrkräfte, Frau Krautz und Herr Wippermann, besitzen die volle Fakultas des Faches, sodass auch die Möglichkeit zur Einrichtung von W- und P-Seminaren in der Oberstufe besteht. Zum Ende des Vorkurses oder bei der Anmeldung können Sie sich entscheiden, ob sie den konfessionellen Religionsunterricht oder das Fach Ethik besuchen wollen. Wenn Sie in Ethik eine Abiturprüfung ablegen wollen, dann müssen Sie entweder den Ethikunterricht in der Eingangsklasse besucht haben oder, wenn Sie erst zu Beginn der Q-Phase in den Ethikunterricht wechseln, eine kurze Feststellungsprüfung über den Unterrichtsstoff der Eingangsklasse ablegen.
In der ersten Klasse werden zunächst meist einige ethische Fachbegriffe wie Moral, Wert, Norm und Pflicht untersucht, um dann in der Folge die Geburtsstunde der Philosophie, den Übergang vom Mythos zum Logos, nachzuverfolgen. Ein weiteres Kapitel wird die Einführung in einige Grundzüge der Staatsphilosophie mit Hobbes, Locke und Rousseau sein und zum Abschluss des Lehrjahres soll ein Gebiet der Angewandten Ethik (Umwelt-Medizin-Wirtschaft) bearbeitet werden.
Der Lehrplan der Q-Phase ist dann identisch mit dem der regulären Gymnasien.
Im ersten Semester wird ein philosophiegeschichtlicher Überblick über die verschiedenen Grundpositionen in der praktischen Philosophie von Platon bis Habermas erarbeitet. Die weiteren Semester bis hin zum Abitur stehen dann jeweils unter ein Überthema (Semester 2: Freiheit und Determination, Semester 3: Recht und Gerechtigkeit, Semester 4: Sinnorientierung und Lebensgestaltung), das immer sowohl aus der Perspektive der Philosophie als auch aus der anderer „Hilfswissenschaften“, wie etwa den modernen Naturwissenschaften, der Soziologie oder der Psychologie, betrachtet wird.
Das Fach Ethik bietet die Möglichkeit unabhängig von vorgegebenen religiösen Dogmen grundlegende Fragen zum „guten Handeln“ zu erörtern, philosophische Antwortwege und Positionen kennenzulernen und selbst aktiv zu philosophieren, um sich seines eigenen Standpunktes bewusst zu werden.