Mit dem „Mobilitätsbeschluss für Nürnberg“ hat der Nürnberger Stadtrat im Januar 2021 einen wegweisenden Beschluss gefasst, um die Verkehrswende weiter voranzutreiben. Damit bis zum Jahr 2030 68% der Wege mit dem Umweltverbund (ÖPNV, Rad, zu Fuß) zurückgelegt werden, braucht es attraktive Alternativen zum Auto.
Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) bildet dabei die tragende Säule für eine umweltverträgliche Mobilität. Der ÖPNV ist entsprechend leistungsfähig auszubauen. Dabei kommt dem Schienennetz eine zentrale Rolle zu, da die Straßen- und U-Bahnen erheblich mehr Fahrgäste transportieren können als Busse. Auf Basis der Empfehlungen des Nahverkehrsentwicklungsplanes Nürnberg 2025+ (NVEP 2025+) wurde das „ÖPNV-Maßnahmenpaket 2030“ entwickelt. Damit hat der Nürnberger Stadtrat im Januar 2021 konkrete Handlungsempfehlungen zur betrieblichen und infrastrukturellen Weiterentwicklung des ÖPNV der Stadt Nürnberg beschlossen. Der Fokus liegt dabei auf dem Straßenbahnnetz, da hier das größte Entwicklungspotential besteht. Die Infrastrukturmaßnahmen und Angebotsverbesserungen sind in drei aufeinander aufbauende und zeitlich ineinandergreifende Maßnahmenpakete zusammengefasst und sollen sukzessive umgesetzt werden.
Maßnahmenpaket 1 (Umsetzungshorizont bis 2027)
► Kapazitätserweiterung U3 & Verlängerung Straßenbahnlinie 7 vom Hauptbahnhof zur Stadtparkschleife
Um den bereits heute in den Spitzenstunden stark ausgelasteten U-Bahnstreckenabschnitt Hauptbahnhof – Wöhrder Wiese zu entlasten, sollen in der Hauptverkehrszeit auf der Linie U3 Langzüge mit höherem Platzangebot zum Einsatz kommen. Dies erfolgt bereits zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022. Zudem soll die Straßenbahnlinie 7 vom Hauptbahnhof bis zum Stadtpark verlängert werden. Der Straßenplan für die Reaktivierung der Straßenbahnstrecke bis zum Berliner Platz wurde 2022 vom Verkehrsausschuss beschlossen. Die baulichen Anpassungen der Strecke werden nach Abschluss des erforderlichen Planfeststellungsverfahrens erfolgen. Eine Inbetriebnahme der Straßenbahnlinie 7 bis zur Stadtparkschleife wird in 2026 angestrebt.
► Neue Straßenbahnverstärker – Linie 11 (Gibitzenhof über Aufseßplatz und Hauptbahnhof nach Mögeldorf) und Linie 10 (Am Wegfeld über Plärrer und Aufseßplatz zum Dutzendteich)
Durch Einführung der neuen Straßenbahnlinien 10 und 11 wird auf den stark nachgefragten Streckenabschnitten insbesondere im Korridor der Südstadt (zwischen Landgrabenstraße und Aufseßplatz) das Bestandsangebots erheblich verbessert und der Takt deutlich verdichtet. Mit den neuen Linien werden zudem neue umsteigefreie Direktverbindungen geschaffen. Die Umsetzung soll Mitte 2023 erfolgen.
► Straßenbahnlückenschluss Minervastraße
Die Straßenbahnlinie 4 soll von der derzeitigen Endhaltestelle Gibitzenhof über die Dianastraße und Minervastraße bis zum Anschluss an die Linie 5 in der Julius-Loßmann-Straße (Höhe Finkenbrunn) verlängert werden. Derzeit wird das für diesen Lückenschluss erforderliche Planfeststellungsverfahren vorbereitet und Fördermittel beantragt. Der Zeitplan sieht eine Inbetriebnahme im Jahr 2025 vor, rechtzeitig vor der Sanierung des sog. Mauslochs (Bahnunterführung Katzwanger Straße).
► Straßenbahnverlängerung Brunecker Straße
Die Stadt Nürnberg plant die Verlängerung der Straßenbahnlinie von der Allersberger Straße in den neuen Stadtteil Lichtenreuth bis zur U-Bahnstation Bauernfeindstraße. Für die Maßnahme ist ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. Derzeit wird das für diese Maßnahme erforderliche Planfeststellungsverfahren vorbereitet und Fördermittel beantragt. Der Zeitplan sieht eine Inbetriebnahme des ersten Planungsabschnitts frühestens im Jahr 2026 vor. Gleichzeitig werden derzeit Varianten einer Verlängerung der Straßenbahnlinie über den Verknüpfungspunkt Bauernfeindstraße hinaus bis zur Messe und zur Bertolt-Brecht-Straße untersucht.
► Reaktivierung Pirckheimerstraße
Der Stadtrat hat die Verwaltung mit der Prüfung beauftragt, mit welchem Konzept eine Reaktivierung der Straßenbahnstrecke in der Pirckheimerstraße zulässig wäre. Dafür ist ein Nachweis erforderlich, dass sich ein Linienbetrieb der Straßenbahn über die Pirckheimerstraße nicht nachteilig auf die Bewertung der U-Bahnlinie U3 auswirkt, da sonst Fördergelder zurückgefordert werden können. Die Reaktivierung soll spätestens mit der Inbetriebnahme des ersten Abschnitts der Stadtumlandbahn nach Erlangen umgesetzt werden.
► Umbau Knotenpunkt Landgrabenstraße
Die Haltestelle Landgrabenstraße ist überlastet und muss – unabhängig vom Einsatz neuer Linien – verbreitert werden. Um die nachfragestarke Haltestelle auch mit der neuen Verstärkerlinie leistungsfähig zu erhalten, ist ein neuer Halt östlich der Gibitzenhofstraße erforderlich. Direkt am Knoten Gibitzenhofstraße / Landgrabenstraße ist dies nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich. Deshalb wird ein neuer Halt am Melachthonplatz vorgesehen, der gleichzeitig die trassierungstechnisch und hinsichtlich der Barrierefreiheit ungünstige Haltestelle Heynestraße ersetzen soll. Damit wird auch die vorhandene Haltestelle Landgrabenstraße entlastet und werden die Abstände zwischen den Haltestellen optimiert. Der Umbau befindet sich derzeit in Planung.
► Ertüchtigung Haltestelle Hauptbahnhof
Der Bahnhofsplatz wurde 2017 mit dem Ziel umgebaut, die Bahnsteige barrierefrei herzustellen. Die Leistungsfähigkeit für den Straßenbahnbetrieb wurde dabei nicht erhöht. Durch den barrierefreien Ausbau gibt es nur noch einen Haltepunkt je Gleis. Am Bahnhofsplatz sind im Straßenbahnbereich heute schon Überlastungen zu beobachten. Eine zweite Aufstellmöglichkeit ist dringend erforderlich, um das Auffahren und Stauungen im Zulauf aus Richtung Osten zu vermeiden. Eine Entlastung für die Fahrtrichtung Westen ergibt sich mit der Durchbindung einer Linie bis zum Berliner Platz, die dann zukünftig nicht mehr am Bahnhofsplatz wenden muss. Bei einer Verdichtung des Taktes im Busverkehr bestünde auch hier ein Kapazitätsproblem. Eine Lösung muss konzipiert werden. Ein Zeitplan zur Umsetzung liegt noch nicht vor.
► Umbau des Umsteigeknotens Plärrer
Um ein zuverlässiges und barrierefreies Angebot der Straßenbahnen und Busse am Plärrer bereitstellen zu können, sind dringend bauliche Anpassungen notwendig. Die Anpassungen sollen im Zusammenhang mit der im Juli 2021 vom Nürnberger Stadtrat beschlossenen Umgestaltung des Plärrers erfolgen.
Maßnahmenpaket 2 (Umsetzungshorizont ab 2027)
► Neuer Straßenbahnverstärker vom Hauptbahnhof über die Wodanstraße zum Doku-Zentrum & weitere Taktverdichtung im Straßenbahnnetz
Um den erwarteten Fahrgaststeigerungen und den Forderungen des „Mobilitäts-beschlusses für Nürnberg“ nach einer Taktverdichtung im gesamten Straßenbahnnetz Rechnung zu tragen, sind weitere Linienverstärker erforderlich. Insbesondere der Abschnitt Hauptbahnhof – Wodanstraße ist bereits heute gut ausgelastet. Hier soll zukünftig eine Verstärkerlinie vom Hauptbahnhof über die Wodanstraße zum Doku-Zentrum verkehren. Weitere Linienverknüpfungen sollen flexibel nach Bedarf eingeführt werden.
► Neubau einer Straßenbahnlinie „GSO-Campuslinie plus“
In Verbindung mit der Reaktivierung der Straßenbahnstrecke in der Pirckheimerstraße des Maßnahmenpaketes 1 könnte eine attraktive Erschließung des Georg-Simon-Campus geplant werden.
► Überholmöglichkeit Doku-Zentrum
Um weitere Verstärkerfahrten zu ermöglichen, ist die Wiederherstellung der Wendeschleife in der Schultheißallee (Schleife Luitpoldhain) sinnvoll. Sie könnte spätestens im Zusammenhang mit der vorübergehenden Spielstätte für das Opernhaus im Innenbereich der Kongresshalle erforderlich werden.
► Stadtbahn über Reutles nach Erlangen
Stadtumlandbahn Nürnberg - Erlangen - Herzogenaurach (StUB)
Am 01.04.2016 wurde der Zweckverband Stadtumlandbahn Nürnberg - Erlangen - Herzogenaurach (ZV StUB) durch die Städte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach gegründet. Die Planung für die Verlängerung der Straßenbahn von Am Wegfeld im Nürnberger Norden nach Erlangen / Herzogenaurach als Stadtbahn läuft bereits. Auch eine spätere Erweiterung um den sogenannten Ostast bei Erlangen ist in Vorbereitung. 2024 sollen die Unterlagen zur Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens für den ersten Planfeststellungsabschnitt (in Nürnberg) eingereicht werden.
Maßnahmenpaket 3 (Ausblick – ohne festen Zeitpunkt)
► Altstadtquerung
Für die Verbesserung der Erschließung des nördlichen Altstadtzentrums und der Sebalder Altstadt sowie die weitgehende Herstellung von Direktverbindungen im Nürnberger Straßenbahnnetz ist die Altstadtquerung sinnvoll. Die Querung der Sebalder Altstadt mit der Straßenbahn wurde von Gutachtern als betrieblich, verkehrlich und wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme im ÖPNV benannt. Gemäß Beschlusslage des Stadtrates 2015 wurde das Projekt zunächst zurückgestellt. Zur Bewältigung der erwarteten Fahrgaststeigerungen bis 2030 ist die Altstadtquerung erforderlich.
► Ausbau Wendeschleife Erlenstegen
Um eine Taktverdichtung auf dem Linienast Rathenauplatz - Erlenstegen der heutigen Straßenbahnlinie 8 zu ermöglichen, muss der Endpunkt leistungsfähiger gestaltet werden. Dazu ist ein Ausbau der Wendeschleife Erlenstegen mit Überholmöglichkeit und gegebenenfalls mit Abstellgleis erforderlich.
► Verlängerung der U2 bis Stein und/oder Eibach
Sowohl die Verlängerung der U-Bahnlinie U2 nach Stein als auch nach Eibach konnten bisher kein positives Nutzen/Kosten-Verhältnis erreichen. Im Rahmen einer „Intermodalen Verkehrsuntersuchung zur Entlastung der Stadt Stein und des Nürnberger Südwestens“ werden derzeit verschiedene Varianten gesamtheitlich bewertet. Ein Ergebnis soll in 2023 vorliegen.
Der Masterplan „Schneller und pünktlicher ÖPNV“ zeigt wichtige Schritte zur Verbesserung der betrieblichen Abwicklung des ÖPNV als Voraussetzung für die Umsetzung der ersten Taktverdichtungen aus dem „ÖPNV-Maßnahmenpaket 2030“ auf. Demnach sollen Straßenbahnen und Busse durch die Einrichtung von Busspuren und eigenen Gleiskörpern für die Straßenbahn sowie die Bevorrechtigung an Lichtsignalanlagen schneller und unabhängiger von Störungen durch den Autoverkehr unterwegs sein. Zudem sind die Busbahnhöfe zu erweitern, um zusätzliche Fahrzeuge bei Taktverdichtungen aufnehmen zu können. Darüber hinaus müssen auch geeignete Abstellanlagen für die zusätzlich benötigten Fahrzeuge geschaffen werden. Der fortwährende barrierefreie Ausbau der Straßenbahn- und Bushaltestellen trägt zu einem beschleunigten Fahrgastwechsel bei.
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