Preisverleihung des Nachhaltigkeitspreises 2022 an die B5 Modeschulen

B5 Modeschulen Nürnberg gewinnt Nachhaltigkeitspreis 2022

Seit der Neuordnung des Berufes Textil- und Modeschneider/-in im Jahr 2015 besteht in der vollschulischen Ausbildung der B5 Modeschulen Nürnberg der Bedarf nach einem betrieblichen Auftrag. Dieser soll den Schüler/-innen die Produktentwicklung im betrieblichen Ablauf erschließen. Mit der Teilnahme am Projekt azadi wurde dieser betriebliche Auftrag auf die globale Arbeitsweise der Textil- und Bekleidungsindustrie ausgeweitet. In jährlich wechselnden Kollektionen werden Vorschläge für neue Designs aus den Modeschulen B5 in Nürnberg als auch aus der Modeschule NIFT-TEA in Tirupur, Südindien, eingebracht. Diese werden von einem Team der Akteure weiterentwickelt, zu einer Kollektion zusammengestellt und zur Marktreife gebracht. Musterstücke werden von der Schneiderei in Delhi (Webware) und von Gokul Knittwear (Jerseyware) hergestellt und dem Kundenkreis (ökofaire Modegeschäfte, Weltläden) in Deutschland/Österreich vorgestellt. Die Gesamtorder aller europäischen Läden wird in der Folge in Delhi bzw.Tirupur produziert und von FARCAP importiert, die den weiteren Vertrieb übernimmt. azadi bedeutet "Freiheit" auf Hindi und diese geben wir Menschen, die in ausbeuterischen Arbeitssituationen waren – und nun mit ihrer Arbeit ein Leben in Würde erfahren sollen. azadi steht aber auch für eine Multi-Stakeholder-Initiative. Unsere Projektpartner sind:

- Die indische NGO STOP (Stop Trafficking and Oppression of Children and Women) in Neu Delhi, die das Sozialunternehmen Thousand Dreams gegründet hat. Hier findet die Konfektion von azadi statt.

- Die B5Modeschulen Nürnberg, wo Modelle entworfen, der Schnitt sowie der Prototyp hergestellt wird.

- Die Modeschule NIFT-TEA in Tirupur/Südindien. Beide Schulen stehen im Austausch miteinander, entwickeln neue Ideen und Styles und haben die Arbeit an azadi in ihren Lehrplan aufgenommen.

- Der Textilhersteller Gokul Knitwear aus Tirupur (GOTS-zertifiziert).

- Das Gemeinwohlunternehmen FARCAP faire Mode gGmbH koordiniert die Partner und kümmert sich um den Vertrieb der importierten Kleidung.

azadi ist anerkannter Lieferant für die Weltläden in Deutschland und seit 2019 auch in Österreich. Durch den Einschluss der B5Modeschulen hat unser Projekt Beispielcharakter, denn hier werden zukünftige Entscheidungsträger in der Modebranche schon in der Ausbildung sensibilisiert für faire Handelswege in der Textilbranche. Alle fünf genannten Partner arbeiten daran, dass azadi marktfähig wird. Die Verantwortlichen tauschen sich regelmäßig zum Projekt aus. Soweit uns bekannt, ist diese Art der Kooperation – die Einbindung von Modeschulen für ein Modelabel innerhalb eines Gemeinwohlunternehmens - einzigartig. Bereits in der Ausbildung erfahren die jungen Menschen, dass Aspekte der Ökologie und Nachhaltigkeit Eingang in ihre Entscheidungen finden sollen. Auch die Nachhaltigkeit von Bildung wird über die Ausbildungsorte Nürnberg- Neu Dehli Tirrupur global vernetzt: Zwei Gruppen indischer Modestudenten/-innen haben 2017 und 2018 für jeweils zwei Wochen die Modeschule Nürnberg besucht. Ein Gegenbesuch von deutschen Schüler/-innen nach Indien konnte im Februar 2018 realisiert werden.

Text: B. Denker und Dr. R. Vogt-Heeren