Inklusiver Spielplatz: Spiel und Spaß für alle
Mehr als 300 öffentliche Spielflächen gibt es im Stadtgebiet, fünf davon sind bereits inklusiv. Bei allen Neuplanungen und Generalsanierungen steht das Spielen für alle an oberster Stelle. Mit viel Kreativität suchen die Planer nach Lösungen – und die Kinder dürfen mitreden.
Nürnberg ist Vorreiter
Kleines Ding, große Wirkung: Mit einer ausgelegten Rasenschutzmatte aus Gummi haben die städtischen Landschaftsarchitekten auf Nürnbergs erstem inklusiven Spielplatz in der Oberen Kieselbergstraße in Gostenhof erstmals eine Sandfläche gestaltet, die auch für Kinder im Rollstuhl erreichbar ist. „Wir sind Pioniere“, sagt Michaela Hillebrand, die im Jugendamt die Jugendhilfeplanung „Spielen in der Stadt“ koordiniert. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Sebastian Ertel, Landschaftsarchitekt beim Servicebetrieb Öffentlicher Raum, gibt sie ihr Wissen regelmäßig an Kommunen, Landschaftsarchitekturbüros und Hersteller aus ganz Deutschland weiter.
2022 haben die zuständigen Stadtratsausschüsse die „Leitlinien zu Qualität und Inklusion auf Spielplätzen, Spielhöfen und Aktionsflächen“ als Teil des Nürnberger Aktionsplans Inklusion verabschiedet. Danach soll es nicht den einen topausgestatteten inklusiven Spielplatz geben, an dem Kinder mit Einschränkungen unter sich bleiben. Ziel ist, alle Spielflächen allen Kindern und Jugendlichen zugänglich und erlebbar zu machen. „Nicht alles ist für alle, sondern für alle etwas“, erklärt Sebastian Ertel.
Interview mit Ayar
Mit 15 Jahren ist Ayar eigentlich schon aus dem Spielplatzalter raus. Aber er weiß genau, wie eine gute Spielfläche für alle gestaltet sein sollte. Ayar, der von Geburt an blind ist, lebt in Langwasser, besucht die Schule im Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte und macht in seiner Freizeit am liebsten Sport. Zum Thema Inklusion auf Spielflächen hat er in einem Video des Kinder- und Jugendbeirats des Deutschen Kinderhilfswerks mitgewirkt.
Nürnberg Heute (NH): Warum sind Spielplätze für alle Kinder und Jugendliche wichtig?
Ayar: Auch wer eine Behinderung hat, soll Spaß haben. Jeder hat ein Recht darauf, sich weiterzuentwickeln.
NH: Ein Ort zum Spielen und Toben für Blinde und Sehbehinderte, Kinder im Rollstuhl, Gehörlose und Kinder ohne Einschränkungen: Funktioniert das?
Ayar: Ja, denn für jeden gibt es einen anderen Weg, ein Spielgerät zu erreichen: Rampen für Rollstuhlfahrer, Kontrastmarkierungen für Sehbehinderte oder andere Hilfsmittel.
NH: Hast du keine Angst, wenn du ein neues Spielgerät ausprobierst, ohne es sehen zu können?
Ayar: Nein, ich mache einfach und dann passiert schon nichts.
NH: Welche Erfahrungen machst du als blinder Jugendlicher auf Spielplätzen?
Ayar: Kinder ohne Einschränkung sind am Anfang oft zurückhaltend. Aber wenn das überwunden ist, funktioniert es ganz normal. Es wäre schön, wenn es in Zukunft mehr Plätze gäbe, auf denen alle Kinder zusammen spielen können.
Eltern zeigen sich häufig erstaunt
Bei der Planung gehen die Verantwortlichen unter anderem nach dem Zwei-Wege- und Zwei-Sinne-Prinzip
ans Werk – vom Eingang über die Wege bis hin zum Spielangebot. Damit sind die einzelnen Geräte auffindbar und erreichbar – sei es, dass Spieleinbauten bis an den Wegrand reichen, sei es durch kontrastreiche oder tastbare Elemente zur Orientierung. So erleben alle mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten Natur, Bewegung und Begegnung.
Kinder und Jugendliche sind an allen Spielplatzplanungen beteiligt. Eltern zeigen sich häufig erstaunt. „Das schaut ja gar nicht inklusiv aus“, bekommen die Verantwortlichen häufig zu hören. „Teurer als ein herkömmlicher Spielplatz ist das nicht“, betont Michaela Hillebrand. Sie und Sebastian Ertel haben schon viele Ideen, wie Spielen künftig noch inklusiver wird. Eine App als Leitsystem für seheingeschränkte Menschen ist so eine Idee, mit der sie wieder Pioniere sein könnten.
Was einen inklusiven Spielplatz auszeichnet
Farbräume
Farbräume helfen sehbeeinträchtigten Kindern bei der Orientierung und sind Orte der Begegnung oder des Rückzugs.
Klettern in großer Höhe
Klettern in großer Höhe ist attraktiv für ältere Kinder, stärkt das Selbstbewusstsein und fördert die motorische Entwicklung.
Spezielle Holzhäcksel
Spezielle Holzhäcksel sind berollbar, Kinder können mit dem Rollstuhl direkt zur oder unter die Spielstation fahren.
Die Anbindung an den Weg
Die Anbindung an den Weg macht die Spielstation leichter auffindbar und zugänglich.
Verschiedene Bodenbeläge
Verschiedene Bodenbeläge helfen sehbeeinträchtigten Kindern bei der Orientierung.
Der Text erschien im Juni 2024 in der „Nürnberg-Heute“-Ausgabe Nummer 115.
Text: Annamaria Böckel
Fotos: Christine Dierenbach