Echtes Pionierstück: Nürnbergs automatische U-Bahn
Futurama: Als im Jahr 2008 die erste vollautomatische U-Bahn Deutschlands in Nürnberg an den Start ging, warf so mancher einen zweiten ungläubigen Blick durch die große Panoramascheibe in den vorderen Zugbereich. Kein*e Fahrer*in?
Nein! Denn die Stadt Nürnberg und die VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft hatten Nägel mit Köpfen gemacht und mutig in die Zukunft investiert. Das Ergebnis: Mehr Verbindungen und mehr Züge, die günstiger in Unterhalt und Wartung sind. Und damit auch mehr Lebensqualität für die Nürnberger Bürger. Ein Paradebeispiel für gelungene Digitalisierung im Personentransport. Und das schon seit dem Jahr 2008!
Die Entscheidung für das Projekt „RUBIN“ (Realisierung einer automatisierten U-Bahn in Nürnberg) fiel den Verantwortlichen im Stadtplanungsamt und bei der VAG schon damals nicht schwer. Trotz der hohen Investitionskosten und obwohl die digitale Transformation erst Jahre später auf breiter Ebene starten sollte.
Denn eigentlich hatten die Nürnberger*innen keine andere Wahl. So war der geplante Bau der neuen U-Bahn-Linie U3 nur dann möglich, wenn diese sich einen zentralen Streckenabschnitt mit der U2 teilen konnte. Gleichzeitig sollte letztere jedoch ihren Takt beibehalten. Und so war die Automatisierung des Fahrbetriebs zwar revolutionär, gleichzeitig aber auch die einzige Möglichkeit, auf beiden Linien eine zufriedenstellende Taktdichte zu erreichen.
Automatische U-Bahn – so funktioniert sie
Ein System von Computern schickt die automatischen Züge der U2 und U3 auf die Strecke. Diese können im 100-Sekunden-Takt fahren – und damit doppelt so häufig wie bei manueller Steuerung. Das freut die Nürnberger Fahrgäste, die seitdem deutlich kürzer auf den nächsten Zug warten müssen.
Läuft alles normal, fahren die U-Bahn-Linien U2 und U3 ohne menschliche Unterstützung. Zumindest fast. Denn in einer zentralen Leitstelle laufen die Fäden für den kompletten öffentlichen Personennahverkehr zusammen. Auch für den automatischen U-Bahn-Verkehr. Er wird über eine Vielzahl von Bildschirmen und Computersystemen überwacht und gesteuert. Die Mitarbeitenden in der Leitstelle greifen nur im Notfall ein. Zum Beispiel um einen Zug anzuhalten, einzelne Türen zu entsperren oder Hilfe zu schicken, sollte ein Fahrgast im Zug plötzlich ernsthafte gesundheitliche Probleme bekommen. Denn die Monitore zeigen auf Wunsch auch Kamerabilder aus dem Zuginneren und von den Bahnsteigen.
Im Rahmen der Automatisierung wurden sämtliche Züge, Strecken und Stellwerke miteinander vernetzt. Fahren, Anhalten, Türöffnen – alles wird automatisch gesteuert. Besondere Rechner entlang der Strecke überwachen den Fahrweg, eine Stellwerkssoftware steuert Weichen und Signale. Auch in den Bahnen selbst befinden sich Rechner. Sie steuern das Anfahren, bremsen ab, wenn ein Hindernis auf dem Gleis bemerkt wird und sorgen für ausreichenden Abstand zum Vorzug.
Welche Vorteile bringt die Automatisierung mit sich?
Eine ganze Menge – für die Fahrgäste und für die Stadt. Zum Beispiel diese:
- mehr Pünktlichkeit
- kürzere Wartezeiten durch eine höhere Taktdichte
- geringere Energiekosten durch eine optimierte Fahrweise
- geringere Instandhaltungskosten und weniger technische Defekte
- schnellere Anpassung der Zahl der eingesetzten Bahnen zu Spitzenzeiten.
Technologieführer Franken
Die Metropolregion Nürnberg hat Erfahrung mit revolutionären Schienenprojekten. So ging hier auch genau 175 Jahre vor der Einführung der ersten vollautomatischen U-Bahn Deutschlands die erste Eisenbahn an den Start: Der Adler, der Nürnberg mit Fürth auf dem Schienenweg verband. Mit der Entscheidung für die automatische U-Bahn bekräftigte die Stadt also nur einmal mehr ihren Anspruch auf den Titel einer der wichtigsten Hightech-Regionen Deutschlands.
Dass zusätzlich Siemens, Frankens größter Technologiekonzern, den Auftrag für die Umsetzung des Projekts erhielt, trug zu einem zusätzlichen Imagegewinn der Metropolregion Nürnberg als Technologieführer bei.
Die Einführungskosten der automatischen U-Bahn in Nürnberg werden mit über sechshundert Millionen Euro beziffert. Einen Großteil davon steuerten der Bund und der Freistaat Bayern bei. Das Ergebnis: Ein echtes Prestigeprojekt, das seit Jahren Fachleute und Touristen aus aller Welt nach Nürnberg zieht.