Stadtplanung digital: Nürnberger Kinder und Jugendliche planen ihren Traum-Stadtteil
Wie bringt man im Rahmen städtebaulicher Veränderungen Anwohnerschaft, Stadtvertretungen und Bauende auf einen Nenner? Der Nürnberger Stadtteil Gebersdorf geht einen völlig neuen Weg und setzt für die erste Planungsphase zur Neugestaltung des Viertels auf Virtual Reality. Computerspiel statt runder Tisch!
GEB GOES ON bzw. Gebersdorf goes on – so lautet das Motto der Initiative, die Kinder und Jugendliche an der Weiterentwicklung des Nürnberger Stadtteils Gebersdorf beteiligen will. Kindergarten- und Grundschulkinder wurden bereits in 2014/2015 nach ihren Wünschen befragt und beantworteten diese Fragen im Rahmen von Zukunftswerkstätten und Stadtteilbegehungen.
Die Gebersdorfer Stadtteil-Verantwortlichen reagierten prompt und setzten den Wunsch nach mehr Sauberkeit im Viertel bereits im Rahmen der im 2-Jahresturnus stattfindenden Aktion „Kehrd-wärd“-Wochen.
Ebenfalls bereits realisiert wurden:
- zeitlich begrenzte Geschwindigkeitskontrollen,
- Sachspendenaktionen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge,
- Spielmöglichkeiten am Ufer der Rednitz,
- Sanierung des Bolzplatzes Raindorfer Weg.
2016 startete dann die Einbeziehung der Gebersdorfer Jugendlichen in die Planungsprozesse. Innovativ: Neben einer Befragung zogen die Projektverantwortlichen auch das Computerspiel Minecraft dafür heran. Attraktiv, motivierend und mit dem Erleben von Selbstwirksamkeit. Und das Beste: Luftschlösser können so gar nicht erst entstehen, Enttäuschungen wird vorgebeugt.
Computerspiel Minecraft visualisiert Wünsche
Das Kinder- und Jugendhaus z.punkt liegt im Herzen von Gebersdorf und ist Dreh- und Angelpunkt des Minecraft-Planungsprojekts. Die Verantwortlichen zeigen interessierten Kindern und Jugendlichen ab 11 Jahren, wie sie ihre Wünsche in Minecraft visualisieren und damit schon einmal auf virtueller Ebene Wirklichkeit werden lassen können.
Erst seit Kurzem ist Minecraft auch in der professionellen Städteplanung ein Thema. Eben dann, wenn es darum geht, die Stadtteilbevölkerung an der Gestaltung ihrer Viertel aktiver zu beteiligen. Erster Schritt in Gebersdorf: Die jungen Menschen und Besucherinnen und Besucher des Kinder- und Jugendhauses legten den Stadtteil als virtuell und maßstabsgetreu in der Software an. Alle Häuser, Brücken, Straßen und sonstige Infrastruktur wurden in Form von Pixel-Klötzchen nachgebildet. Ein Spiel, das bereits seit über zehn Jahren virtuelle Architektinnen und Häuslebauer auf der ganzen Welt begeistert.
Die jungen Gebersdorferinnen und Gebersdorfer loggen sich dazu in das Minecraft-Programm ein, das auf den Rechnern der Playstation im z.punkt auf sie wartet. Dann geht es los: Wände verschönern, Grünflächen oder Schrebergärten einplanen, Spiel- und Sportplätze bauen oder die lang ersehnte Halfpipe. Alle können ihre ganz persönlichen Wünsche sichtbar machen. Noch befindet sich das Projekt in der Startphase, aber ab Sommer können alle Interessierten an die Rechner.
Planen ohne Realbezug ist nicht
Der Clou: Realitätsfern kann mit Minecraft nicht geplant werden – denn Ideen brauchen Fläche. Ist diese nicht vorhanden, kann an dieser Stelle auch nichts geplant werden. Nur theoretisch machbare Ideen können in das virtuelle Stadtviertel eingebaut werden. Deshalb holen die Projektverantwortlichen auch immer wieder die Meinung von Fachleuten und Verwaltung ein – damit das geplante Viertel auch tatsächlich umsetzbar ist.
Die Planungsphase mit Minecraft soll zum Sommer 2019 abgeschlossen sein. Damit möglichst viele Kinder an der Stadtplanung teilnehmen können, organisiert das Jugendhaus regelmäßig Minecraft- Aktionstage, Minecraft- Übernachtungen und feste Projektspielstunden an der Playstation.
Die Ergebnisse wollen die Gebersdorfer Kinder und Jugendlichen im Herbst 2019 den Stadtteilvertretungen und Entscheidungsträgerinnen und -trägern aus Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit vorstellen. Ein virtueller Spaziergang nimmt alle mit auf eine Tour durch das virtuelle Gebersdorf – einmal, durch das Viertel im derzeitigen Status Quo. Und einmal durch das Traumviertel der Gebersdorfer Kinder.
Wie groß die potenziellen Veränderungen sein könnten, kann anschließend, im Rahmen von Projektpräsentationen sowie online präsentiert, diskutiert und kommentiert werden. Genauso wie die Maßnahmen, die von den Nürnberger Verantwortlichen für Stadtplanung letztlich umgesetzt werden könnten. Hier sind dann auch Erwachsene gefragt, Kommunikationswege zu finden, die von den beteiligten Kindern und Jugendlichen nachvollzogen werden können.