Geschichte der Musikschule Nürnberg

1936-2022: Freude an der Musik - 85 Jahre PLUS Musikschule Nürnberg

„… hier wächst eine Musik begeisterte Generation heran.“ (Klink 1939)

Von der Singschule zur Musikschule

Singschule der Stadt der Reichsparteitage

Der Musikpädagoge Waldemar Klink baute ab 1936 die Singschule der Stadt der Reichsparteitage - angegliedert am Städtischen Konservatorium für Musik – auf. Die Unterrichtsstruktur orientierte sich an der „Augsburger Singschule“, der dort in den 20er Jahren von Albert Greiner gegründeten ersten Singschule mit einer durchdachten Methodik der musikalischen Bildung. Aufbauend auf dem Augsburger Modell entwickelte Waldemar Klink einen Fortbildungskurs für Volksschullehrer zu Singschullehrern.

Wie in Augsburg zeigten die jungen Sängerinnen und Sänger der Nürnberger Singschule schon bereits ab 1937 der Öffentlichkeit beim Junggesang, so hießen die Sommerkonzerte der Singschulen, ihr Können. Bei dieser Großveranstaltung wirkten1.800 „Singvögel“ mit, unterstützt von etwa 200 Erwachsenen, teils aus den singschuleigenen Abendklassen, teils aus einem Männerchor unter Waldemar Klinks Leitung und begleitet vom Orchester des Konservatoriums. Die Teilnehmerzahl des jährlichen Junggesangs stieg bis 1942 noch bedeutend an.

Neben dem Junggesang beteiligten sich Singschüler an Aufführungen der Städtischen Bühnen und übernahmen bereits ab 1938 wie auch heute noch die musikalische Begleitung des Christkinds bei der Eröffnung des Christkindlesmarkts.

Von der „Chorarbeit im Untergrund“ zur Singgemeinschaft

Durch die Luftangriffe auf Nürnberg zum Ende des Zweiten Weltkriegs verlor die Singschule im Januar 1945 ihre Räume und damit ihre Unterrichtsmöglichkeiten. Waldemar Klink blieb auch nach Kriegsende in Nürnberg. Da Gesangvereine 1945 durch die Alliierten verboten wurden, trafen sich seine ehemaligen Sänger heimlich im Keller der Kirche St. Josef, um unter seiner Leitung zu proben. Es war „Chorarbeit im Untergrund“, wie es Klink selbst genannt haben soll. Aus dem heimlichen Chor wurde die Singgemeinschaft, die auch nach der Wiedergründung der Nürnberger Singschule 1949 fortbestand und durch die Waldemar Klink geleitet wurde.

1956 gelang es Waldemar Klink seinen Lehrmeister Paul Hindemith zu überzeugen, bei der Internationalen Orgelwoche sein 1955 uraufgeführtes Werk, die Claudel-Kantate „Ite angeli veloces“, in Nürnberger mit der Singgemeinschaft sowie Solisten und dem Orchester des Opernhauses zu dirigieren.

Singschule mit Instrumentalabteilung

Im September 1949 wurde die frühere Singschule als Singschule der Stadt Nürnberg wiedergegründet und zwar unabhängig vom Städtischen Konservatorium. Waldemar Klink übernahm wieder die Leitung und führte die Schule weitere 10 Jahre bis zu seinem Ruhestand 1959.

Bei ihren Angeboten konzentrierte sich die Singschule weiterhin auf den Gesang und die Stimmbildung. Bereits im Juni 1951 wurde erstmals wieder nach dem Krieg ein Junggesang durchgeführt und im selben Jahr in Kooperation mit der Oper eine Jugendopernreihe an den Städtischen Bühnen ins Leben gerufen.

Instrumentalunterricht im Umfeld der Singschule gab es allerdings bereits seit 1938, jedoch in einem Arbeitskreis, der organisatorisch von der Singschule getrennt war. Dieser Arbeitskreis wurde ebenfalls 1951 wieder belebt, blieb aber weiterhin außerhalb der Organisation der Singschule.

Singschulleiter Ludwig Gebhard, der Nachfolger von Waldemar Klink, erweiterte im Januar 1965 das Angebot der Singschule um den Instrumentalunterricht. Eingang fanden auch die beiden bestehenden Orchesterformationen des Arbeitskreises für Instrumentalunterricht. Die Singschule wurde umbenannt in: „Singschule mit Instrumentalabteilung der Stadt Nürnberg“. Ungeachtet dieser Neuerung blieb die Schule noch ihrem Junggesang bis in die 1970er Jahre treu.

Städtische Sing- und Musikschule Nürnberg

Noch zu Klinks Zeiten wurde 1952 der „Verband der Jugend- und Musikschulen“ gegründet. Der Verband erstellte einen Strukturplan für deutsche Musikschulen, der im wesentlichen eine musikalische Grundausbildung (Grundfächer), Instrumental- und Vokalfächer auf verschiedenen Instrumenten bzw. Stimmbildung/Gesang und auf verschiedenen Kenntnisstufen wie auch Ergänzungsfächer für die Vorbereitung auf ein Musikstudium vorsah.

Im September 1973 hat Alois Betz seine Aufgabe als neuer Schulleiter mit dem Ziel angetreten, auf der Grundlage des Strukturplans eine Musikschule zu schaffen. Tatsächlich wurde fast drei Jahre nach dem Leitungswechsel 1976 vom Stadtrat die „Städtische Sing- und Musikschule“ auf den Weg gebracht.

Mit dem neuen Namen konnte jedoch ein Problem der Sing- und Musikschule nicht gelöst werden: Die Raumnot. 1979 wurden bereits zum zweiten Mal nach dem Schuljahr 1970/71 mit gut 4 400 Schülerinnen und Schülern Rekordzahlen erreicht. Hinzu kam ab 1980 der intensive Ausbau der Früherziehung. Um Proben- und Unterrichtsräume zu schaffen, wurde das Schulhaus der Knauerschule teilweise technisch umgerüstet und in verschiedenen Volksschulen wurden entsprechend dem dezentralen Ansatz der Musikschule Unterrichtsräume geschaffen. Eine neue Wirkungsstätte der Musikschule wurde ab Juli 1996 das Schmausenschlösschen im Nürnberger Stadtteil Mögeldorf.

Ende der 80er Jahre erhielt die Sing- und Musikschule der Stadt Nürnberg ein schwungvolles Logo.

Musikschule Nürnberg

In die Amtszeit des Musikschulleiters, Rudolf Wundling, fiel die bislang letzte Umbenennung und Neuausrichtung der früheren Singschule. Wundling übernahm die Schulleitung im März 1993 nach einer kurzen Überbrückung durch den damaligen Stellvertreter Reinhard Schuhmann. Zu erwähnen ist, dass in diese Interimszeit die sog. Plafonierung, d.h. teilweise Übernahme der Budgetverantwortung, der Musikschule als städtische Dienststelle fiel.

Seit August 1995 firmiert die Musikschule Nürnberg unter ihrem derzeitigen Namen. Eine Neuerung war die Gliederung des Musikschulbetriebs in fünf über die Stadt verteilte Musikschulbezirke und die Straffung der Zahl der Unterrichtsorte von 72 auf 22 Standorte. Neu war zudem die organisatorische Vorbereitung und Durchführung des Regionalwettbewerbs „Jugend musiziert“ als eine Aufgabe der Musikschule wie auch die Einrichtung eines Schulforums als Vertretung von Schülern und Eltern. Aufgenommen wurde die Studienvorbereitende Ausbildung in den Fächerkanon der Musikschule.

Zu den ersten Aufgaben von Rudolf Wundling als Leiter gehörte der Umgang mit einer städtischen Sparvorgabe und einem Gerichtsurteil, in dessen Folge erhöhte Personalkosten zu erwarten waren. Das von Wundling entwickelte Konzept sollte mit einem möglichst geringen Haushaltsansatz ein möglichst breites Ausbildungsangebot sichern und endete in der beschriebenen Neuausrichtung der nunmehr „Musikschule Nürnberg“ genannten Musikschule.

Seit dem neuen Jahrtausend, genauer seit 2002, liegt ein weiterer Schwerpunkt der musikpädagogischen Arbeit der Musikschule auf dem Klassenmusizieren. Schülerinnen und Schüler verschiedener Grundschulen werden im Klassenverband in einem Instrument oder als Chor unterrichtet. Dazu gehören Bläser-, Streicher-, Blockflöten- und Chorklassen. So werden die Chorklassen zwei Wochenstunden in Gesang unterrichtet. Eine Einheit ist die im Stundenplan vorgesehene Musikstunde, die zweite Einheit wird zusätzlich erteilt. Die Kinder erhalten Kenntnisse in Atemtechnik und Artikulation und vor allem finden sie Zugang zur Musik. Nicht selten verlassen zum Beispiel die Erstklässler der Ludwig-Uhland-Grundschule – einer Chorklasse – das Schulgebäude summend und singend.

Entwicklung des Instrumentalunterrichts

Der Instrumentalunterricht wurde seit 1938 in einem Arbeitskreis im Umfeld der Singschule angeboten und 1951 wieder belebt. Bereits die frühen Junggesangs-Veranstaltungen wurden von Instrumentalisten begleitet. Unterrichtet wurden in der Reihenfolge der Beliebtheit: Blockflöte, Handharmonika, Klavier, Zither, Geige, Mandoline und Gitarre.

In der „Singschule mit Instrumentalabteilung“ wurden ab Mitte der 60er Jahre „Kunstinstrumente“, d.h. Klavier und Violine, und „Volksinstrumente“, d.h. Blockflöte, Gitarre und Akkordeon angeboten. Dazu kamen Orchestergruppierungen. Im Januar 1965 wurden knapp 1 200 Schülerinnen und Schüler für den Instrumentalunterricht angemeldet, von denen vermutlich auch einige bis dahin in dem entsprechenden Arbeitskreis unterrichtet wurden.

Mitte der 80er Jahre umfasste das Angebot an Instrumentalunterricht nahezu alle Instrumente und wurde durch die drei Fachbereiche Tasteninstrumente, Streich- und Zupfinstrumente und Holz-und Blechblasinstrumente betreut. 1989 lernten die meisten Einzelschüler Klavier, gefolgt von Violine und Blockflöte. Auch die Zweiergruppen dominierten die Klavierschüler, noch vor der Gitarre, Blockflöte und Akkordeon. Jedes Jahr beteiligen sich Schülerinnen und Schüler der Musikschule Nürnberg erfolgreich an Musikwettbewerben bis hin zum Bundeswettbewerb von „Jugend musiziert“.

Ein Meilenstein in der Entwicklung des Instrumentalunterrichts war 1984 die Gründung des Nürnberger Jugendorchesters mit hochkarätigen Nachwuchsmusikerinnen und –musikern. Eine besondere Herausforderung für das Jugendorchester ist zwei Mal im Jahr ein Familienkonzert im Opernhaus. Viele weitere Nachwuchsmusiker engagieren sich in einer Vielzahl an Ensembles und Musikgruppen im 1995/96 geschaffenen Fachbereich Jazz-Rock-Pop und Percussion.
Das NJO wurde 2021 unter der Leitung von Stefan Hippe wiederbelebt.

Wie geht es weiter

Diese Aufzeichnungen und Einblicke in unser Musikschulleben sind natürlich nicht das Ende unserer Geschichte. In aller Kürze sei unser Einzug in die Kulturwerkstatt Auf AEG erwähnt. Hier haben wir im November 2016 unsere lang ersehnte Zentrale bekommen.

Seit Juni 2020 weht mit der aktuellen Schulleiterin Gabriele Rüll ein frischer Wind in der Musikschule. Gabriele Rüll und ihr Schulleitungsteam bestehend aus Ines Lunkenheimer-Giulini, Bekki Schumacher und Stefan Hippe (stellv. Leitung) und den Fachbereichsleitenden arbeiten nun daran, die Musikschule Nürnberg in die Zukunft zu führen - eine Musikschule für alle.

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