Karl Prantl: Stein zur Meditation
Der Wiener Künstler Karl Prantl gab 1970 den Anstoß für das Bildhauertreffen in Nürnberg. Seit 1959 fanden unter seiner Leitung international besetzte Bildhauersymposien in einem Steinbruch im österreichischen St. Margarethen statt. In Nürnberg arbeitete Prantl als einer der wenigen Künstler im Sommer 1971 für mehrere Wochen auf dem Hauptmarkt und ließ die Passanten an der Ausarbeitung des schwarzen Granitquaders teilhaben. Die Skulptur sollte ein lebendiges, funktionales Objekt auf dem zentralen Platz der Stadt werden: Zum einen lässt ihre unregelmäßige Oberflächenstruktur und die gespeicherte Wärme den Stein haptisch erfahrbar werden, zum anderen füllt Regen die Mulden und Krater des vom Volksmund auch „Mondlandschaft“ genannten Granits und gibt ihm dadurch eine konkrete Funktion, z. B. als Wasserquelle für Vögel. Die künstlerische Idee des „Stein zur Meditation“ lag in der Konzentration auf wesentliche Gestaltungselemente und zielte darauf, Betrachter*innen für ein bewusstes Wahrnehmungsempfinden zu sensibilisieren.
Der ursprüngliche Standort der Skulptur an der Treppe zum Fünferplatz war nur provisorisch gewählt und der Arbeitssituation Prantls geschuldet, jedoch stand die Skulptur dort unverändert bis 1975 auf Holzbalken. Nach zehn Jahren Abwesenheit, in denen der Granitstein auf Anraten der Feuerwehr, die um den freien Zugang zu den Ständen des Christkindlesmarktes fürchtete, im Innenhof der Kunsthalle eingelagert war, fand er 1989 seinen endgültigen Standort samt steinernem Sockel auf den Hauptmarkt, wenige Meter neben seinem Entstehungsort. Heute ist sie eine der Skulpturen des Symposions, die aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken ist.
Susann Scholl