Projektbeschreibung
Raffael Benazzi war einer der wenigen Bildhauer des Symposions, der sein Werk vor Ort in der Nürnberger Altstadt schuf, sodass Interessierte dem künstlerischen Schaffensprozess folgen konnten. Die Formensprache des von ihm bevorzugten Materials Holz entwickelte der Schweizer in den frühen 1950er-Jahren unter dem Einfluss seines Mentor Julius Bissier. Benazzis runde, organisch anmutende Abstraktionen sind immer wieder mit Knospen, Früchten oder Muscheln verglichen worden. Auch Ähnlichkeiten mit den Werken von Hans Arp sind nicht zu verleugnen, doch ergänzte Benazzi dessen Formenwelt um das wiederkehrende Motiv der Höhlung.
Mit Benazzis Arbeit sollte der vom Architekten Kappler gestaltete Plobenhof in der Nürnberger Innenstadt um ein sinnliches Werk bereichert werden. Benazzis Skulptur schien für diesen Ort prädestiniert, weil die Wärme des Werkstoffes Holz die Kühle der Architektur zu brechen vermochte. Die sinnlich erotische Aura des massiven Eichenstamms entsprang der länglichen, gerundeten Muschelform mit ihren Einblicken in das lebendig gestaltete Innere. In Nürnberg wurde die Skulptur daher immer wieder mit weiblichen Formen verglichen; auch an sexistischen Kommentaren männlicher Beobachter mangelte es nicht. Eine konkrete Aussage verfolgte Benazzi mit seiner Arbeit jedoch nicht, vielmehr ging es ihm um eine sinnliche Erfahrung des Publikums, insofern die Skulptur nicht nur zum Ansehen, sondern auch zum Berühren einladen sollte. Die anschmiegsame, handschmeichelnde Oberfläche des Materials war allerdings auch wetteranfällig: Jahrzehntelang den Einflüssen von Wind und Regen ausgesetzt, musste die Skulptur 2019 entfernt werden; sie wird durch eine Bronzeskulptur des Künstlers ersetzt.
Linus Rapp