Wir machen die Nacht zum Tag. Gerade die großen Metropolregionen der Erde sind zur Nachtzeit hell erleuchtet. Die Tendenz zu immer mehr künstlicher Beleuchtung sowohl im gewerblichen als auch im privaten Bereich hat jedoch auch Schattenseiten für die Tierwelt. Da sich nachtaktive Insekten am schwachen Mondlicht orientieren, werden sie durch die nächtliche Beleuchtung in ihrem normalen Lebensrhythmus gestört oder kommen durch künstliche Lichtquellen zu Tode. Sowohl Insekten als auch Vögel werden durch intensive nächtliche Beleuchtung in ihrem natürlichen Verhalten beeinträchtigt. Es spricht nichts gegen eine sinnvolle nächtliche Beleuchtung innerhalb der bebauten Ortsteile, wenn diese bedarfsgerecht geplant und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Insektenfauna lichttechnisch optimiert gestaltet wird. Untersuchungen zeigten, dass Leuchtmittel mit geringen Blau- und Ultraviolettanteilen deutlich weniger Insekten anziehen. Optimal ist die Verwendung von warmweißen und gelben Licht mit einer Farbtemperatur von ca. 2700 Kelvin. Die Notwendigkeit einer Beleuchtung im Freien ist außerhalb bebauter Ortsteile grundsätzlich zu hinterfragen.
Tipps
Wie man mit einfachen Maßnahmen im persönlichen Umfeld zu einer Verbesserung beitragen kann
Ausrüstung mit Bewegungssensoren einer aus Gründen der Sicherheit bzw. zum Objektschutz gewünschten Beleuchtung von Hauseingängen, Grundstücken und privaten Zuwegungen
Bewegungsmelder so einstellen, dass unerwünschte Auslösungen vermieden werden
Reduzierung der Beleuchtungsstärke und der auszuleuchtenden Flächen auf das erforderliche Minimum sowie Verwendung warmweißer Leuchtmittel
Verzicht auf grelle, blendende und weithin sichtbare Strahler zur Flächen- bzw. Objektbeleuchtung
Außenbeleuchtungen mit hoher Lichtstärke möglichst nicht von unten nach oben ausrichten
bewusster Verzicht auf rein dekorative, elektrische Außenbeleuchtungen, insbesondere stark aufhellende, farbwechselnde bzw. blinkende Effektbeleuchtungen
Keine Beleuchtung von Bäumen und Gehölzen
Zeitliche Begrenzung dekorativer Außenbeleuchtungen mittels Zeitschaltuhr bis spätestens 23 Uhr
Wäre es nicht schön öfter wieder mal den nächtlichen Sternenhimmel zu sehen? Haben wir also etwas mehr Mut zur Dunkelheit. Nicht nur die Insekten werden es uns danken.
Hinweis
Beschwerden wegen Belästigungen durch die Beleuchtung von Nachbargrundstücken sind nicht Gegenstand der neuen gesetzlichen Regelungen zur Lichtverschmutzung. Diese Sachverhalte können auf dem Privatrechtsweg verfolgt werden.
Neue Regelungen des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) und des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes (BayImSchG) zur „Lichtverschmutzung“
Mit dem erfolgreichen Volksbegehren „Rettet die Bienen“ wurden zum Schutz der Insektenfauna auch Forderungen zur Reduzierung der Lichtverschmutzung erhoben, die von der Bayerischen Staatsregierung mit entsprechenden neuen Regelungen im BayNatSchG und im BayImSchG umgesetzt wurden und zum 01.08.2019 in Kraft traten.
Um nachtaktiven Tieren wie Fledermäusen, Insekten und Zugvögeln mehr ungestörte Lebensräume zu bieten, werden mit den gesetzlichen Regelungen störende Lichtquellen reduziert. Himmelstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung sind deshalb grundsätzlich unzulässig. Die Fassadenbeleuchtung an öffentlichen Gebäuden ist ab 23 Uhr abzuschalten. Im Außenbereich ist die Beleuchtung von Werbeanlagen grundsätzlich untersagt.
Art. 11a BayNatSchG - Himmelstrahler und Beleuchtungsanlagen
Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung im Außenbereich sind zu vermeiden. Himmelstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung sind unzulässig. Beim Aufstellen von Beleuchtungsanlagen im Außenbereich müssen die Auswirkungen auf die Insektenfauna, insbesondere deren Beeinträchtigung und Schädigung, überprüft und die Ziele des Artenschutzes berücksichtigt werden. Beleuchtungen in unmit-telbarer Nähe von geschützten Landschaftsbestandteilen und Biotopen sind nur in Ausnahmefällen von der zuständigen Behörde oder mit deren Einvernehmen zu genehmigen.
Art. 9 BayImSchG - Vermeidbare Lichtemissionen
(1) Nach 23 Uhr und bis zur Morgendämmerung ist es verboten, die Fassaden baulicher Anlagen der öffentlichen Hand zu beleuchten, soweit das nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich oder durch oder auf Grund Rechtsvorschrift vorgeschrieben ist. (2) Im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuchs sind beleuchtete oder lichtemittierende Werbeanlagen verboten. Die Gemeinde kann bis längstens 23 Uhr Ausnahmen von Satz 1 zulassen für
1. Gaststätten und 2. zulässigerweise errichtete Gewerbebetriebe an der Stätte der Leistung, soweit dafür in Abwägung mit dem Gebot der Emissionsvermeidung ein erhebliches Bedürfnis besteht.
Vorschläge zur Minderung schädlicher Lichteinwirkung von Beleuchtungsanlagen
Mit Anhang 1 der Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI), Stand 08.10.2012) wurden Vorschläge zur Verminderung schädlicher Lichteinwirkungen von Beleuchtungsanlagen auf Tiere veröffentlicht.
Durch die technische Weiterentwicklung von LED-Leuchten mit warmweißen und neutralweißen Licht können diese auch bei der Straßenbeleuchtung wirtschaftlich eingesetzt werden und ökologisch ungünstigere Beleuchtungstechniken sukzessive ersetzen. Die genannten Farbtemperaturen und die nicht vorhandene UV-Strahlung von LED-Leuchten zeigen einerseits eine hohe Insektenverträglichkeit und erfüllen andererseits die Vorgaben für eine richtlinienkonforme Beleuchtung. Durch eine bedarfsgerechte Planung der Straßen- und Wegebeleuchtung kann somit ein wichtiger Beitrag gegen unerwünschte Lichtemissionen geleistet werden.
Biologische Auswirkungen künstlicher Beleuchtung auf Tiere
Viele Tiere haben sich im Laufe der Evolution an den Tag-Nacht-Wechsel angepasst. So gibt es tagaktive und nachtaktive Tiere, die ihr Verhalten der jeweiligen Umgebungsleuchtdichte anpassen. Durch die ständig ansteigende Zahl von künstlichen Lichtquellen ist in den letzten Jahrzehnten für viele Tierarten eine gravie-rende Änderung ihrer jeweiligen Umwelt eingetreten. Eine Vielzahl von nachtaktiven Insekten wird von künstlichen Lichtquellen aller Art angelockt. Sie verlassen ihren eigentlichen Lebensraum und sind an der Erfüllung ihrer ökologischen "Aufgaben" wie Nahrungs- oder Partnersuche gehindert. Für viele der Insekten sind die Lichtquellen direkt (Verbrennen) oder indirekt (Verhungern, Erschöpfung, leichte Beute) Todesfallen. Die große Zahl der Individuenverluste kann zu einer Dezimierung der Populationen von nachtaktiven Insekten in der Umgebung der Lichtquelle führen. Dies wiederum hat weitgehende Auswirkungen auf die Artenvielfalt.
Optische Strahlung wird von Insekten spektral anders bewertet als vom Menschen. Hinsichtlich der Wirkung künstlichen Lichts auf nachtaktive Insekten ist nachgewiesen, dass die Anlockwirkung von Lichtquellen mit hohen Anteilen im kurzwelligen blauen und ultravioletten Spektralbereich (z. B. von Quecksilberdampflampen) sehr viel größer ist als von Lampen, deren Strahlung weit überwiegend im langwelligen Bereich liegt (Natriumdampflampen). So lockt eine Quecksilberdampf-Hochdrucklampe ca. 13-mal so viele Falter an wie eine für den Menschen gleich helle Natriumdampf-Hochdrucklampe. Als bisher unschädlichstes Licht hat sich das monochrome gelbliche Licht der Natriumdampf-Niederdrucklampen erwiesen. Erst wenn die Lichtquelle einen bestimmten Helligkeitswert übersteigt, wird das Verhalten maßgebend gestört. Für die Anlockwirkung einer Lichtquelle sind neben der spektralen Lichtverteilung vor allem die Leuchtdichte, der Kontrast zur Umgebung, der Abstrahlwinkel und die Leuchtpunkthöhe wichtig. So lockt eine schräg nach oben abstrahlende Leuchte ca. 1,5-mal so viele Insekten an wie eine nur nach unten abstrahlende Leuchte. Bei dop-pelter Leuchtenhöhe wird ca. die 1,5 bis 2-fache Insektenmenge angezogen.
Auch Vögel sind in unterschiedlicher Weise von Beleuchtungsanlagen betroffen. Sowohl für den Lebensrhythmus als auch für die Orientierung spielen Lichtquellen für Vögel eine große Rolle. Starke künstliche Lichtquellen können zum Orientierungsverlust und sogar zum massenhaften Tod nachts ziehender Vögel führen. Insbesondere bei hoher Luftfeuchtigkeit ziehen nächtliche Lichtquellen Vögel an. Dabei kommt es häufig zu Kollisionen mit der Lichtquelle oder dem sie tragenden Bauwerk. Die Irritationen ziehender Vögel zeigen sich auch an Reaktionen wie Umherirren im Lichtkegel, Änderung der Flugrichtung und Verlangsamung der Fluggeschwindigkeit.
Maßnahmen zum Schutz von Insekten
Um unerwünschte Wirkungen auf Insekten zu vermeiden oder zu minimieren, sind die folgenden Maßnahmen geeignet:
1. Vermeidung heller, weitreichender künstlicher Lichtquellen in der freien Landschaft Ortsfeste Lichtquellen in der freien Natur sind, wo immer möglich, zu vermeiden. Ihre Wirkung reicht umso weiter, je größer die Lichtpunkthöhe und je größer die Leuchtdichte bzw. die Lichtstärke in Richtung oben und horizontal sind. Sind sie unvermeidlich, dann müssen die Lichtquellen so niedrig wie möglich angebracht werden. Eine größere Lichtpunktzahl geringer Höhe und Leistung ist gegenüber wenigen Licht-punkten großer Höhe und Leistung vorzuziehen. Dies gilt auch für alle Übergangsbereiche von dichter Bebauung in die offene Landschaft oder naturnahe Nutzung wie Garten- und Parkanlagen. Helle Gebäu-dewände sollten in solchen Bereichen nicht erheblich angestrahlt werden.
2. Lichtlenkung ausschließlich in die Bereiche, die künstlich beleuchtet werden müssen In empfindlichen Bereichen sind grundsätzlich nur solche Lichtquellen zu verwenden, deren Abstrahlung nach oben und in etwa horizontaler Richtung durch Abschirmung weitgehend verhindert wird. Die Abstrahlung ist möglichst auf einen Winkel kleiner als 70° zur Vertikalen zu beschränken. Müssen größere Abstrahlwinkel verwendet werden, ist eine Begrenzung der Lichtstärke zu empfehlen (Ausnahme: Anlagen zur Anstrahlung von Gebäuden). Bei der Planung von Anlagen zur Anstrahlung von Gebäuden sind die Aspekte des Tierschutzes zu berücksichtigen. Zur Umsetzung dieses Schutzziels gibt es Leuchten so-wohl für die Beleuchtung von Straßen, Wegen oder für ähnliche Zwecke als auch für große Flächen. Für die Beleuchtung häufig benutzter großer Flächen wie z. B. Lager- oder Trainingsplätze sollten nur Schein-werfer mit asymmetrischer Lichtverteilung verwendet werden, die oberhalb von 80° Ausstrahlungswinkel (zur Vertikalen) kein Licht abgeben, z. B. Strahler mit horizontaler Lichtaustrittsfläche. Leuchten, die nur in den für die Beleuchtungszwecke benötigten Richtungen abstrahlen, haben auch einen wesentlich höheren Wirkungsgrad und sind daher auf Dauer ökonomischer. Frei nach allen Richtungen abstrahlende Leuchten - wie viele sogenannte "dekorative" Leuchten - sollten in empfindlichen Bereichen nicht eingesetzt werden.
3. Wahl von Lichtquellen mit für Insekten wirkungsarmem Spektrum Am wenigsten beeinflusst wird das Verhalten von Nachtinsekten durch das monochromatische Licht der Natriumdampf-Niederdrucklampe. Bei für den Menschen gleichem Helligkeitsniveau liegt die Wirkung auf Insekten für diese Lampen nur bei 1 % bis 2,5 % derjenigen von Quecksilberdampflampen. Im rein gelben Licht dieser Lampe ist jedoch keine Farberkennung möglich. Daher wird sie nur dort eingesetzt, wo es nicht besonders auf Farbwahrnehmung ankommt. Derzeit wird die Natriumdampf-Niederdrucklampe vor allem im Industrie- und Gewerbebereich eingesetzt, da sie momentan die wirtschaftlichste Lösung darstellt und bei feuchter Luft und Nebel das beste Kontrastsehen ermöglicht.
Die Natriumdampf-Hochdrucklampen dagegen haben für den Menschen eine für die meisten Fälle befriedigende Farbwiedergabe, während die Wirkung auf Insekten erst im Bereich von 10 % bis 25 % der von Quecksilberdampflampen liegt. Natriumdampflampen haben darüber hinaus eine höhere Lichtausbeute und Lebensdauer als Quecksilberdampflampen und sind größtenteils auch gegen diese austauschbar. In naturnahen Bereichen sollten daher künftig nur noch Natriumdampflampen eingesetzt werden, in freier Natur, wenn irgend vertretbar Natriumdampf-Niederdrucklampen. Sollte weißes Licht erforderlich sein, sind nach Möglichkeit LED-Leuchten mit warm- und neutralweißer Lichtfarbe zu verwenden, um den Insektenanflug zu vermindern.
4. Verwendung von vollständig geschlossenen staubdichten Leuchten Dadurch lässt sich vermeiden, dass die Insekten in die Leuchte gelangen und dort an der heißen Lampe verbrennen oder eingesperrt verhungern.
5. Begrenzung der Betriebsdauer auf die notwendige Zeit Anlagen für künstliche Beleuchtung sollten nur solange wie notwendig betrieben werden. Dies gilt insbesondere auch für die Anstrahlung von Gebäuden, wo eine Begrenzung der Lichtabstrahlung nach unten nicht möglich und daher eine erhebliche Fernwirkung der Lichtquellen unvermeidlich ist. Diese sollten in den späteren Nachtstunden, während deren die gewünschte Wirksamkeit wegen des fehlenden Publi-kums ohnedies gering ist, abgeschaltet werden. Dies gilt auch für Beleuchtungsanlagen für Werbezwecke. Für Beleuchtungsanlagen, die während der ganzen Nacht in Betrieb sein müssen, ist zu prüfen, ob für die späteren Nachtstunden eine Reduzierung des Niveaus möglich ist.
Maßnahmen zum Schutz von Vögeln
Die im vorhergehenden Abschnitt zum Schutz von Insekten in 1., 2. und 5. genannten Maßnahmen sind auch geeignet, um mögliche ungünstige Einflüsse künstlicher Beleuchtung auf Vögel zu vermeiden oder zu minimieren.
• Vermeidung der Beleuchtung von Schlaf- und Brutplätzen • Schwache Beleuchtung von Strukturen, damit diese zur Vermeidung von Kollisionen für Vögel als Hindernis sichtbar werden • Vermeidung der Beleuchtung von Hochhäusern sowie von Gebäuden mit Glasfronten