Begehrte Frauenkunst - Die besondere Buchpatenschaft zum Jubiläum
Die Chorbücher von St. Katharina waren schon zu ihrer Entstehungszeit berühmt: Noch vor ihrem Tod 1489 wurde die Schreiberin, die Nürnberger Nonne Margareta Kartäuser, sogar in St. Gallen für ihre Kunst gelobt. Die acht schweren Bände in einem Riesenformat sind 500 Jahre nach ihrer Entstehung von ihrer Geschichte schwer gezeichnet; vier Bände müssen aufwendig restauriert werden.
Warum sind Chorbücher besondere Handschriften?
Die Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg bewahrt acht Bände eines Chorbuchs im Riesenformat, die zwischen 1458 und 1470 im Nürnberger Dominikanerinnenkloster St. Katharina geschrieben wurden. Sie entstanden also an einer unbekannten Stelle im heute noch stehenden und seit 1984 von der Stadtbibliothek bespielten Kreuzgang!
Wann und von wem wurde das Chorbuch von St. Katharina hergestellt?
Die Teilnahme an Gottesdienst und Stundengebet waren Kernaufgaben der Schwestern in Dominikanerinnen-klöstern, der korrekte und andächtige Vollzug der Liturgie ein von der Gemeinschaft zu erfüllender Auftrag. Die Sängerin nahm daher ein Amt mit Schlüsselposition wahr: In Nürnberg erfüllte diese Aufgabe von den 1450er Jahren bis zu ihrem Tod 1489 Margareta Kartäuser.
Warum ist das Chorbuch aus St. Katharina so berühmt?
Nur selten lässt sich die Bewunderung einer Handschrift so gut nachvollziehen wie im Fall des von Margareta Kartäuser geschriebenen achtteiligen Chorbuchs. Schon zu Lebzeiten der Schreiberin galt es als Vorbild und Modell: 1487 erhielten die reformbereiten Schwestern von St. Katharina in St. Gallen den Teil mit dem Graduale ausgeliehen, um ihr Chorbuch nach dieser Vorlage zu verbessern.
Welche Schäden weisen die Chorbücher auf?
Materialität und Ruhm sind den Chorbüchern zum Verhängnis geworden: Sie haben sich nur als Ruinen erhalten. Aus allen Bänden sind in großem Umfang Pergamentblätter entfernt worden.
Wie konnte den geschädigten Bänden des Chorbuchs geholfen werden?
Die Stadtbibliothek hat für die schwer geschädigten Bände im Jahr 2020 einen Förderantrag bei der Koordinierungsstelle für den Erhalt des schriftlichen Kulturguts (KEK) gestellt, die seit nunmehr zehn Jahren mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Kulturstiftung der Länder (KSL) deutschlandweit ausgewählte Modellprojekte zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts fördert. Die Restaurierung von drei Bänden wird im Rahmen der „KEK-Modellprojektförderung 2020 – Originale erhalten“ mit über 10.000 Euro unterstützt.
Für die Mittel zur Restaurierung des vierten Bandes hat sich die Stadtbibliothek an die treue Gemeinschaft von Buchpatinnen und Buchpaten mit der Bitte gewendet, zum 650jährigen Jubiläum der Stadtbibliothek die Spenden diesem mit Lokalgeschichte "aufgeladenen", von Frauen für Frauen hergestellten Bandes zukommen zu lassen.
Spontan hat sich ein Buchpate, der anonym bleiben will, bereit erklärt, die Kosten der Restaurierung in Höhe von 3.700 Euro zu übernehmen. Wir danken diesem Buchpaten herzlich, der der Stadtbibliothek die Restaurierung des vierten Chorbuchbandes mit schweren Schäden erlaubt. Unser Dank erstreckt sich weiter auf alle anderen Patinnen und Paten, die uns zusätzlich die Bearbeitung kleiner Schäden und die Festigung der Buchmalereien in den übrigen vier Bänden ermöglicht haben! Eine für die Stadt- und Frauengeschichte Nürnbergs zentrale Handschrift kann mit Förder- und Spendenmittel somit in einen gebrauchs- und präsentationsfähigen Zustand versetzt werden, der zukünftigen Verlusten an der Originalsubstanz vorbeugt.
Bei den als Buchpatenschaften vergebenen fünf Handschriften handelt es sich um Teile von Graduale (Chorgesang zur Messfeier) und Antiphonar (Chorgesang zum Stundengebet). Bei jedem Band ist mindestens die Hälfte der ehemals vorhandenen Pergamentblätter verloren gegangen. Die Einbände entstanden in der Regel in dem auf die Vollendung der Schreibarbeiten folgenden Jahr; ausgeführt wurden sie in der Buchbinderei des Dominikanerklosters.
Darüber informiert eine für diese Werkstatt charakteristische, mit Buchstabenstempeln in den Lederbezug des Vorderdeckels eingeprägte Inschrift. Die von Margareta Kartäuser geschriebenen, teilweise kunstvollen schwarzen Anfangsbuchstaben (Cadellen) ergänzte Barbara Gewichtmacher um gezeichneten, florale Formen aufgreifenden Dekor (Fleuronné). Vor die einzelnen Offizien setzte die Buchmalerin Fleuronnéinitialen in Rot und Blau, die in den Buchstabenstämmen ausgsparte groteske Wesen beleben. Die Ausführung der bunten Initialen in Deckfarben und Blattgold zu den besonders herausgehobenen Festen wurden zumeist Berufsmalern überlassen.
Die Restaurierung der vier schwergeschädigten Chorbücher ist inzwischen angelaufen und wird bis Ende 2020 fertiggestellt. 2021 ist die Restaurierung der vier Bände mit leichteren Schäden geplant. So werden Ende 2021 alle acht Bände und damit das gesamte Chorbuch bearbeitet sein.
Die Restaurierungen umfassen bei den einzelnen großformatigen Lederbänden die Reinigung der Einbände und der Pergamentblätter und das Schließen von Rissen und Fehlstellen im Rückenleder bzw. in den vorderen Gelenkbereichen. Die zum Teil losen, sehr schweren Vorderdeckel werden durch die Wiederherstellung der Lederbünde wieder befestigt und die Stabilität im Gelenkbereich durch eine Pergamenthinterklebung erhöht. Es werden Ausgleiche für die fehlenden Blätter in die Buchblöcke gelegt, um den schweren vorderen Buchdeckel zu stützen. Bei allen Bänden erfolgt eine Untersuchung der Buchmalereien; wenn notwendig, werden die gemalten Bereiche gefestigt. Einzelne Bereiche im Tintenauftrag mit Tintenfraß werden vorsorglich gesichert, Knicke in den Pergamentblättern vorsichtig geglättet.
Eine für die Stadt- und Frauengeschichte Nürnbergs zentrale Handschrift kann mit Förder- und Spendenmittel somit in einen gebrauchs- und präsentationsfähigen Zustand versetzt werden, der zukünftigen Verlusten an der Originalsubstanz vorbeugt.
Wie funktioniert eine Buchpatenschaft?
Die durch Buchpatenschaften eingeworbenen Spendenmittel erlauben der Stadtbibliothek, die aufwendigen Einzelrestaurierung an eine externe Fachkraft zu vergeben.
Jedes Buch bleibt durch ein in die Schutzkassette eingeklebtes Exlibris fest mit dem Namen der Buchpatin oder des Buchpaten verbunden.
Bei einer teuren Restaurierung, wie es beim Chorbuch der Fall ist, sind Spenden in jeder Höhe willkommen. Jede Buchpatin und jeder Buchpate wird namentlich auf dem Exlibris gewürdigt.