Wissu haudnern däss ned hie?!
Autor Bernd Regenauer fühlt sich seit der Kindheit mit der Natur verbunden und vermisst in Nürnberg urbanes Grün.
Als Treffpunkt für den Fototermin und unser Gespräch hat Bernd Regenauer den Eingang zur Katharinenruine vorgeschlagen. Bis zu diesem Ort muss Bernd Regenauer nur wenige Schritte gehen, denn er wohnt zur Zeit gegenüber seinem Elternhaus, einem ehrwürdigen Fachwerkhaus in der Peter-Vischer-Straße 3-5, welches an den Platz vor der Katharinenruine angrenzt. Dieser unter Denkmalschutz stehende Fachwerkbau aus dem Jahr 1441 wird zur Zeit mit großem Aufwand restauriert. Nach Abschluss der Arbeiten will Bernd Regenauer hier wieder einziehen.
Vor dem Portal der Katharinenruine stehen links und rechts zwei mittlerweile recht betagte Ahornbäume. An diese beiden Bäume kann sich Bernd Regenauer seit seiner Kindheit erinnern. Aus den kleinen Fenstern des elterlichen Hauses hatte er sie immer im Blick. Die Katharinenruine war damals noch ein Trümmerhaufen und für ihn und seinen jüngeren Bruder ein echter Abenteuerspielplatz.
Bernd Regenauer wurde 1956 in München geboren. Als er zwei Jahre alt war zogen seine Eltern mit ihm nach Nürnberg. „Damals konnte ich noch nicht sprechen!“ Diese Feststellung ist ihm offenbar wichtig, denn nur so konnte er sich ohne jede linguistische Vorbelastung dem Nürnberger und fränkischen Dialekt zuwenden. Seitdem fühlt er sich als „echder Närmbercher“.
Die erste Station der Familie war ein kleines Haus in Wolkersdorf – schon fast in Nürnberg - mit einem verwilderten Garten und Bäumen, die zu abenteuerlichen Kletterpartien animierten. Das waren noch Zeiten, in denen Kinder selbstverantwortlich Erfahrungen machen durften. „Wenn heute ein Kind die ersten Äste eines Baumes erklimmt, rufen die Eltern schon den Rettungsdienst.“ Die erste Schule von Bernd war die Zwieseltalschule in Wolkersdorf; Damals noch eine „Zwergschule“, heute ein ansehnlicher Schulkomplex. Der tägliche Schulweg führte durch ein ausgedehntes Waldstück. Hier liegt der Ursprung für seine Faszination für den Wald und die Natur. „Mit meiner Mutter war ich sehr häufig im Wald unterwegs. Sie hat mir auch beigebracht, wie man – essbare! - Pilze sammelt.“
Als Bernd Regenauer acht Jahre alt war, zog die Familie ins Herz von Nürnberg. Der Vater erwarb das stattliches Fachwerkhaus in der Peter-Vischer-Straße, zu dem im Souterrain ein kleiner gastronomischer Betrieb gehörte – der später bei den Nürnbergern angesagte Treffpunkt „Katharinenklause“. Die von Sohn Bernd für den Umzug geforderte Bedingung, nämlich dass sich vor dem Haus ein Kletterbaum befinden müsse, wurde erfüllt.
Die Mutter übernahm den gastronomischen Betrieb. Später stieg auch der Vater in das Geschäft ein. Die Gasträume wurden kräftig erweitert. Der Vater war ein sehr „kritischer Geist“. Die Gaststätte war auch ein Forum für lebhafte politische Diskussionen. Bernd Regenauer erinnert sich an nicht selten lautstarke Debatten, z.B. mit Günter Grass. Das Musikkonservatorium in unmittelbarer Nachbarschaft brachte aber auch viel musikalische Gäste ins Lokal, und Bernd Regenauer begann umgekehrt auf dem Konservatorium eine klassische Klavierausbildung. Doch der kritisch-politische Geist des Vaters war und blieb immer das Fundament für seine spätere literarische, künstlerische und kabarettistische Arbeit.
Nach einem erfolglosen Gastspiel am Willstätter Gymnasium und einer Lehre als Offsetdrucker zog Bernd Regenauer mit 21 Jahren zuhause aus. Anfang der 80er Jahre machte er dann seine ersten Erfahrungen als politischer Liedermacher. Ein unerwarteter Erfolg beim Bardentreffen 1981 markierte den Beginn einer beachtlichen Karriere als Liedermacher, Schauspieler, Kabarettist und Autor mit Auftritten in der ganzen Republik und jüngst auch im Ausland, im russischen St. Petersburg.
Die Faszination für den Wald ist Bernd Regenauer seit seiner Kindheit erhalten geblieben und er nutzt auch heute noch jede freie Minute für Spaziergänge und Wanderungen im Wald: „Ich bin ein leidenschaftlicher Waldgänger. Ich kann mich im Wald völlig verlieren, Kraft sammeln, meine Gedanken ordnen und frische Luft tanken.“ Umso heftiger erlebt er dann den Kontrast zu den Lebensbedingungen in der Stadt, speziell in der Altstadt, in der er, „der echde Närmbercher“, aufgewachsen ist und
künftig auch wieder wohnen wird.
„Das Urbedürfnis der Menschen nach etwas Grün und Natur in ihrer Nachbarschaft
wird sträflich mißachtet.“ Richtig in Rage gerät Bernd Regenauer, wenn er an die steinernen Plätze in der Altstadt denkt:„ Ich kann immer nur den Kopf schütteln -
meist nur Autoabstellplätze und Pflasterwüsten!“ „Wissu haudnern däss ned hie?!“ Soll heißen: Warum ist die Stadt nicht fähig, die Plätze in der Stadt so zu gestalten, dass sich die Menschen dort gerne aufhalten, sich im Freien treffen, Nachbarschaft erleben – mit etwas Grün um sich herum und Schatten spendenden Bäumen? „Wenn einem das alles nicht Wurscht ist ( Anmerkung: Da denkt man an Bernd Regenauers erfolgreiches Comedystück „Metzgerei Boggnsagg“), dann muss man etwas tun.“ Vor kurzen ist Bernd Regenauer Mitglied des Bürgervereins Altstadt geworden.
Interview: Mathias Schmidt
Fotos: Giulia Iannicelli