Heute ist herrliches Sommerwetter und wir setzen uns am Weinmarkt in den Schatten eines Ahorn-Baumes und trinken Kaffee. Mir gegenüber sitzt Frau Elisabeth Most. Sie ist Architektin und setzt sich als Vorsitzende des Bürgervereins Altstadt für diesen zentralen Stadtteil Nürnbergs ein. Und dann kommt noch ein weiteres Amt dazu. Sie steht dem „Dachverband“ der Bürger- und Vorstadtvereine vor, der AGBV. Auch in dieser Funktion schultert sie freiwillig und ehrenamtlich viel Verantwortung.
„Ich bin eine Nürnbergerin mit Migrationshintergrund“, schmunzelt sie, denn aufgewachsen ist Frau Most in Fürth. Dort ging sie auch zur Schule und studierte anschließend in Nürnberg.
Seit inzwischen 43 Jahren ist sie Nürnbergerin und wohnt ununterbrochen am Weinmarkt.
„Erst im Januar 2012 wurde der Bürgerverein Altstadt gegründet“ erzählt sie. „Es war der letzte Stadtteil in Nürnberg, der eine Bürgervertretung erhielt.“ Sie klärt mich dann auch gleich darüber auf, warum es hier bisher keinen Bürgerverein gab.
Die Bürgervereine seien in den Vorstädten entstanden, weil man sich dort von der Stadtverwaltung vernachlässigt fühlte. Es ging zum Beispiel in St. Johannis um die Befestigung der Straßen. Die Bürger dort versanken im Morast, aber die Stadträte aus der befestigten Kernstadt interessierte das einfach nicht. Damit man mit einer Stimme sprechen konnte, wurde 1874 ein Bürgerverein gegründet. In Nürnberg gibt es inzwischen 35 Bürger- und Vorstadtvereine, der älteste in St. Johannis und der jüngste in der Altstadt.
Für Elisabeth Most gehören Bäume einfach zum Leben dazu. Sie ist in Fürth Ronhof aufgewachsen, wo die Großeltern eine große Streuobstwiese hatten. Gleich in der Nähe war dort ein kleiner Wald. „Wir Kinder spielten natürlich meistens draußen und Bäume gab es dort so viele, dass sich bei mir keiner besonders eingeprägt hat,“ erinnert sie sich.
Auch ein spektakuläres Erlebnis mit einem Baum fällt ihr ein. Direkt vor ihrem Wohnhaus stehen drei Ahorn-Bäume. Einer dieser Bäume trug vor 15 Jahren die Schuld daran, dass der gesamte Weinmarkt einen Tag lang evakuiert werden musste. Im Keller eines anliegenden Restaurants hatte der Besitzer Gas gerochen und die Feuerwehr gerufen. Es stellte sich heraus, dass eine Wurzel des Ahorns die Gasleitung beschädigt hatte. „Ja und dann wurde nicht der Baum gefällt, sondern die Gasleitung verlegt, sozusagen ein Bypass gelegt. Der Baum hat damals keinen Schaden genommen und steht auch heute noch an gleicher Stelle,“ freut sich Frau Most.
Selbst hat sie vor Jahren in ihrem Schrebergarten eine Magnolie gepflanzt, die gut gedeiht.
Aber neben dem Schrebergarten bepflanzt und pflegt sie eine Baumscheibe direkt vor ihrem Haus. Seit vielen Jahren hat sie dort schon gegossen und dann nach und nach Blumen eingesetzt. Es grünt und blüht unter dem Baum, dass es eine Pracht ist. Zwei Stockrosen überragen weit alle anderen Blumen. „Leider darf ich keinen Zaun um die Baumscheibe ziehen. Und so wird das Beet immer wieder von Hunden aufgewühlt.“ Das ist eine Klage, die sie hier einmal anbringen will.
„Eine offizielle Patenschaft übernehme ich erst dann, wenn ich um die Fläche einen Zaun ziehen darf.“ Deshalb jetzt erst einmal ihr Appell: „Hundehalter nehmt mehr Rücksicht auf die gepflegten Baumscheiben und lasst eure Hunde an anderer Stelle kratzen!“
Bäume in der Stadt sind für Elisabeth Most sehr wichtig. „Wenn ich mein Fenster zum Ahorn hin öffne, ist die Luft einfach besser als auf der Seite, auf der kein Baum steht,“ ist sie sich sicher.
Natürlich gibt es ihrer Meinung nach nicht genügend Bäume in der Nürnberger Altstadt. Sie erinnert sich noch genau daran, als die Bäume vor der IHK-Baustelle gefällt worden waren: „Plötzlich herrschte dort eine gespenstische Ruhe. Weder Insekten noch Vögel waren mehr zu hören.“
Für die Zukunft wünscht Elisabeth Most sich eine größere Wertschätzung der Bäume, die in der aufgeheizten Stadt als natürliche Klimaanlagen gebraucht werden. Ebenso sollten auch die wenigen grünen Flächen besser gepflegt und aufgewertet werden.
Auch hofft sie, dass sich noch mehr NürnbergerInnen um die Pflege von Baumscheiben bemühen werden. Anfangs sei sie häufig belächelt worden, als sie Blumen um den Baum herum einpflanzte. Inzwischen würde sie immer wieder von Passanten gelobt und viele gute Gespräche mit ihren Nachbarn hätten sich schon ergeben.
„Es braucht einfach Leute, die voran gehen und dadurch andere mit sich ziehen,“ ist sie sich sicher. Das tut Elisabeth Most – mit großem, freiwilligem Engagement für ihre unmittelbare Umgebung: ihren Stadtteil mit ihren Bäumen.
Interview: Margit Grüll
Fotos: Giulia Iannicelli