Vorentwurfsplanung für vierten Hesperidengarten
Die Gestaltung des zukünftigen Gartens ist eine gestalterische Neuschöpfung. Es ist keine klassische Rekonstruktion einer historischen Anlage und keine einfache Fortführung der drei bestehenden Gärten aus den 1980er Jahren. Die Gestaltung soll sich mit der Nürnberger Hesperidenkultur und dem Zeitgeist des Barock auseinandersetzen und diese zeitgemäß interpretieren. Es soll ein besonderer Ort geschaffen werden, der die Idee eines historischen Hesperidengartens als bürgerlicher Garten, als Rückzugsraum, als Ruhezone und als Möglichkeit, in eine andere Welt inmitten der Stadt einzutauchen, abbildet. Der vernunftgeprägte Umgang mit der Natur, der der barocken Gartenplanung zugrunde liegt, soll Ansatzpunkt der Neuplanung sein.
Die Planung soll behutsam mit dem vorhandenen Baumbestand umgehen und diesen nach Möglichkeit in die neue Anlage integrieren sowie Aussagen zur Klimaanpassung und Biodiversität beinhalten.
Vorbilder in der barocken Gartenarchitektur
Der Entwurf sieht eine Einteilung des Gartens in mehrere Zonen vor, die ihre gestalterischen Vorbilder in der barocken Gartenarchitektur haben. Da Frankreich diese gartenhistorische Epoche entscheidend geprägt hat - die Schlossgärten von Vaux-le-Vicomte und Versailles seien hier stellvertretend genannt - tauchen im Entwurf des neuen Hesperidengartens ebenfalls französische Bezeichnungen für die einzelnen Gartenbereich auf.
Vier Gartenabteile
Der in vier Bereiche gegliederte Entwurf findet seine Anlehnung an die bestehenden Hesperidengärten über gemeinsame Symmetrieachsen sowie kunstvolle Anfangs-, End- und Mittelpunkte. Besonders wichtig ist im neuen Hesperidengarten die Mittelachse, welche einen ununterbrochenen Längsblick vom nördlichen bis zum südlichen Endpunkt des Gartens – und umgekehrt – bietet.
Die Vegetation in den vier Themenbereichen ist an unterschiedliche klimatische Bedingungen angepasst, vom schattigen, baumbestandenen Süden über den sonnigen Kabinettgarten bis zum halbschattigen Gartenparterre. Auch die „goldenen Äpfel der Hesperiden“ werden aufgegriffen: mit Zitruspflanzen in Terracotta-Töpfen, möglicherweise ganzjährig ergänzt durch Mirabellen-, Apfel- oder Quittenbäume. Unterschiedliche Höhenniveaus werden über Rampen zugänglich, alle Bereiche werden barrierefrei erschlossen. Die Wege werden wassergebunden, aus Kies, hergestellt. Eine offene Wasserrinne soll sich als Verbindungselement durch die einzelnen Bereiche ziehen, sie soll für Abkühlung sorgen und im Sommer ein angenehmes Klima fördern.
Gartenparterre
Im Norden, nahe der Johannisstraße, liegt das Gartenparterre mit einer ebenen, gekiesten Fläche, Bäumen und einer Backsteinmauer als Abgrenzung zum anschließenden Privatgarten. Diese Mauer bietet Nisthilfen für Fledermäuse und Vögel, wie sie auch an ausgewählten Bäumen und im sich anschließenden Kabinettgarten eingeplant sind.
Das Thema Gartenparterre als typisches Element eines Barockengartens wird hier auf eine moderne und zeitgemäße Art neu interpretiert. Die Schmuckstaudenbeete bilden einen flachen, dekorativen Rahmen um das im Mittelpunkt stehende Kunstwerk.
Kabinettgarten
Der Kabinettgarten liegt im Bereich der ehemaligen Pinselfabrik. Deren Bestandsmauern werden teils als Sitzmauer und teils als Grundgerüst einer geplanten Pergola erhalten, sie bilden so einen Rahmen um den Kabinettgarten. Im Gegensatz zum nördlichen Raum, der von seiner konzentrischen Orthogonalität geprägt ist, wird hier die barocke Ornamentik zur Formgeberin für die Staudenbeete. Die Konturen der Beete umspielen die Mittelachse und bilden Nischen oder geben Querverbindungen zwischen Pergola und Westflanke frei. Die asymmetrischen Räume sind zusätzlich mit für die Hesperidengärten typischen Zitrusfrüchten in Pflanzgefäßen ausgestattet. Mit seiner berankten Pergola und der lebhaften Anordnung der Beete ist der Kabinettgarten ein besonders einladender Aufenthaltsort.
Garten-Entree
Das barocke Entree bietet den Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, sich zunächst zu orientieren, bevor es in die anderen Themenbereiche des neuen Gartens geht.
Im Mittelpunkt der wassergebundenen, ruhigen Platzfläche zieht ein runder Brunnen als Himmelsspiegel die Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher auf sich. Von hier gelangt man über eine stufenlose flache Klinkerrampe in die benachbarten Hesperidengärten und barrierefrei auch in den nördlichen und südlichen Gartenbereich. Eine
Rosenhecke südlich des Entrees rahmt den Eingang in den Bosco.
Wald - Bosco
Im Bosco (deutsch ‚Wald') befinden sich viele Bestandsbäume, welche als grünes Dach erhalten werden und - in den zukünftig immer heißer werdenden Sommermonaten – großzügigen Schatten spenden. Die in diesem Bereich geplante Sprühnebelanlage sorgt für eine Kühlung der Lufttemperatur und verbessert somit die Aufenthaltsqualität des Hesperidengartens. Gleichzeitig wird der Bosco in eine geheimnisvolle Atmosphäre gehüllt, in der das Kunstwerk im Süden erst bei näherem Betrachten in Erscheinung tritt.
Auf Stegen lässt sich dieser Bereich erkunden, Sitzbänke laden zum Entspannen und Durchatmen ein. Diese aufgeständerte Wegeführung unterstreicht den behutsamen Umgang mit dem Baumbestand und den damit verbundenen vernunftgeprägten Umgang mit der Natur, der der barocken Gartenplanung zugrunde liegt.
Klinkerpflaster und wassergebundene Wegedecke schaffen Verbindungen
Das geplante Klinkerpflaster, welches die barrierefreie Zugänglichkeit des Hesperidengartens gewährleistet, schafft durch seine Materialität eine Brücke zur abgebrochenen Pinselfabrik und erinnert Besucherinnen und Besucher an die ehemalige Backsteinmauer, welche das Bild der Hesperidengärten jahrzehntelang geprägt hat.
Die wassergebundene Wegedecke, die sich auch in den Hesperidengärten der 1980er Jahre wiederfindet, schafft ein Zusammenspiel der bestehenden Gärten mit dem geplanten Hesperidengarten. Ein Standort für das Sichardsche Tor ist noch nicht endgültig festgelegt und wird noch entschieden.