Sitzungen im Jahr 2023

26. Sitzung des Bildungsbeirates

„Ganztägige Bildung und Betreuung in der Grundschule“ lautete die Überschrift der 26. Sitzung des Nürnberger Bildungsbeirats, die auf Einladung von Oberbürgermeister Marcus König in der Gretel-Bergmann-Schule im Nürnberger Stadtteil Langwasser stattfand. Mit einem Kurzvortrag von Dr. Volker Titel, wissenschaftlicher Leiter der Akademie für Ganztagspädagogik startete der Beirat in die Aussprache, die vom Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König geleitet wurde. Kulturbürgermeisterin Prof. Dr. Julia Lehner, Schul-und Sportreferentin Cornelia Trinkl und Sozialreferentin Elisabeth Ries formulierten zunächst kommunale Perspektiven, bevor die Beiratsmitglieder in einen offenen Austausch über Aspekte gelungener Ganztagsbildung und -betreuung eintraten.

Zu Beginn der Beiratssitzung stellte Marcus König drei zentrale Fragen in den Raum: Wie können wir die Ganztagsbildung und -betreuung in Nürnberg angesichts der vielgestaltigen Herausforderungen qualitativ und quantitativ weiterentwickeln? Wie können wir das Zusammenspiel zwischen Schule, Jugendhilfe und non-formalen Bildungsangeboten bestmöglich gestalten? Welche Anforderungen an gute Ganztagsbildung und -betreuung gibt es? Um die Dimension der Herausforderungen in Sachen Ganztagsbildung zu umreißen, führte der Oberbürgermeister die schrittweise Einführung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbildung in der Grundschule ab dem Jahr 2026 an und benannte zudem das starke Bevölkerungswachstum insbesondere bei jüngeren Altersgruppen, die hohe Zuwanderung aus dem Ausland mit der Notwendigkeit entsprechender Sprachlernangebote, die wachsende Stadt mitsamt den Konkurrenzen um Räume und den Fachkräftemangel auch und gerade im Bildungsbereich.

Status Quo und Weiterentwicklung der Ganztagsangebote im Grundschulalter

Der für die Sitzung als Experte geladene Dr. Volker Titel beschrieb in seinem Vortrag den Status Quo von Ganztagsbildung im Grundschulalter, befasste sich mit ihrer qualitativen und quantitativen Weiterentwicklung und bezog dabei soziodemographische, bildungspolitische und rechtliche Aspekte mit ein. Nach einem Überblick über unterschiedliche Formen an Angeboten der Ganztagsbildung aus pädagogischer Perspektive beleuchtete er systemische Aspekte von Schule, Jugendhilfe und non-formaler Bildung sowie Faktoren für die qualitative auszuschöpfen, beispielsweise durch eine Rhythmisierung von Unterrichts- und Betreuungsangeboten oder das Erzeugen von Synergien zwischen schulischen und außerschulischen. Im Mittelpunkt stehe das Kind und seine Persönlichkeitsentwicklung, neben der Fachkompetenz komme es daher im Ganztag auch immer stärker auf Methoden- und soziale Kompetenzen an. Eine zentrale Rolle käme den multiprofessionellen Teams und ihrer Qualifizierung zu, so Dr. Volker Titel. Mit dem „Nürnberger Weg“ sei man vor Ort gut unterwegs, was sich insbesondere auch in der Gretel-Bergmann-Schule zeige.

Referentinnen und Schulbürgermeisterin bezogen Stellung

Anschließend veranschaulichte Jugendreferentin Elisabeth Ries die quantitative Dimension der Herausforderung mit der Feststellung, dass die Versorgungsquote bei den Betreuungsplätzen im Ganztag aktuell mit 71 Prozent trotz fortschreitendem Ausbau etwas niedriger läge als die im letzten Bildungsbericht genannten 75 Prozent, was mit dem Bevölkerungswachstum zu erklären sei. Elisabeth Ries betonte die langjährig erprobte, gute Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe und das breit gefächerte Angebot in Nürnberg. Nun sei aber der richtige Zeitpunkt, Neuerungen am System vorzunehmen und über erfolgreiche Leuchtturm-Projekte hinaus Veränderungen und Neues zu wagen. Finanzierungsfragen stünden hierbei ebenfalls im Zentrum, Verschlechterungen beispielsweise bei der Finanzierung des Kooperativen Ganztags gelte es zu verhindern.

Schul- und Sportreferentin Cornelia Trinkl lobte ebenfalls die gute Abstimmung zwischen Jugendhilfe und Schule und blickte ihrerseits auf die Herausforderungen. Der Mix aus offenen und gebundenen Ganztagsangeboten sowie der Mittagsbetreuung habe sich bewährt. Momentan gäbe es in Nürnberg 15 offene und 31 gebundene Ganztagsklassen sowie 200 Gruppen im Bereich der Mittagsbetreuung. Als Herausforderungen skizzierte sie ebenfalls die Finanzierung unter anderem durch Fördermittel, die seitens Familien gewünschte Flexibilität bei den Angeboten, die Teilnahme aller Kinder am Mittagessen und die Finanzierung dessen, den Fachkräftemangel und die Raumprobleme. Das Zusammenspiel mit außerschulischen Angeboten werde weiter ausgebaut und sei immens wichtig.

Kulturbürgermeisterin Julia Lehner fächerte die Palette auf, die sich durch städtische Angebote für den Ganztag auftäten: angefangen vom Kunst- und Kulturpädagogischen Zentrum der Museen in Nürnberg (KPZ) über die Kinderkultur Auf AEG, die Musikschule, die Stadtbibliothek, das Bildungszentrum und weitere gäbe es viele potenzielle Partner. Es gelte, gemeinsame Konzepte zu entwickeln, diese dem Freistaat vorzulegen und Mittel hierfür einzuwerben. Eine besondere Rolle komme der politischen Bildung zu. Mittelkürzungen seien an dieser Stelle der falsche Weg, im Gegenteil brauche es hier mehr Investitionen.

Anforderungen an Ganztagsbildung

Im sich anschließenden Austausch der Beiratsmitglieder wurden die verschiedenen Vorzüge der Ganztagsbildung herausgestrichen wie etwa die Entlastung der Familien (Sandra Schäfer vom Nürnberger Nürnberger Lehrer- und Lehrerinnenverein und Lisa Zollinger vom Gemeinsamen Elternbeirat für die Grund- und Mittelschulen in Nürnberg), die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Unterstützung beim Spracherwerb (Wolfgang Uhl von der Handwerkskammer). Hingewiesen wurde auf spezifische Anforderungen in Bezug auf die Inklusion von Menschen mit Behinderungen (Renate Serwatzy und Herbert Bischoff vom Behindertenrat) und die Einbeziehung von Förderschulen und heilpädagogischen Tagesstätten (Stefanie Fuchs von der Regierung von Mittelfranken – Bereich Förderschulen) in den Ganztag. Desweiteren wurde die Bedeutung von Vernetzung, die Rolle des Ehrenamtes und der lohnende Fokus auf politische Bildung (Dr. Siegfried Grillmeyer von der Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus) betont. Monika Ettl vom Staatlichen Schulamt in Nürnberg vermeldete zudem positiv, dass in der neuen Grundschule in der Forchheimer Straße alle 20 Klassen als gebundene Ganztagesklassen eingerichtet werden.

Mit einem Dank für den produktiven Austausch an die Beiratsmitglieder und an die Schulleiterin Sandra Lichtenstein und Hortleiterin Marion Schwarz für ihre Gastfreundschaft schloss Marcus König die Sitzung. Bei einem anschließenden Rundgang im neuen Gebäudekomplex konnten sich die Teilnehmenden selbst ein Bild von der Kooperativen Ganztagsbildung in der Gretel-Bergmann-Schule machen.

25. Sitzung des Bildungsbeirates

Die 25. Sitzung des Bildungsbeirats, der am 26.5.2023 im Großen Sitzungssaal des Rathauses zusammentrat, stellte die Nürnberger Bildungsberichterstattung in den Mittelpunkt. Der Fokus lag zum einen auf Bildung im Kindes- und Jugendalter und es wurden ausgewählte Befunde des aktuellen Bildungsberichts aus den Bereichen der frühkindlichen und der schulischen Bildung präsentiert. Zum anderen wurden Übergänge von der Schule in den Beruf und der Deutschspracherwerb in den Blick genommen. Moderiert von Oberbürgermeister Marcus König diskutierten die Beiratsmitglieder auch die Herausforderungen für die jeweiligen Bildungsbereiche im Zuge der Corona-Pandemie und der kriegsbedingten Fluchtzuwanderung aus der Ukraine.

Rückschau auf die Bildungsbeiratssitzung am 30.11.2022 mit dem Schwerpunkt Mittelschule

Nach seiner Begrüßung blickte Oberbürgermeister Marcus König zunächst auf die gemeinsame Initiative zur Stärkung der Mittelschule zurück, die im Zentrum der letzten Beiratssitzung stand. Aus den Ergebnissen einer Exkursion an die Mittelschule Scharrerschule, der vertieften und multiperspektivischen Betrachtung verschiedener Handlungsfelder in der 24. Beiratssitzung und den Ergebnissen weiterer Expertenrunden erarbeitete das Bildungsbüro schließlich einen „Ideenkatalog“ zur Stärkung der Mittelschule, der zwischenzeitlich an den Leiter der Staatskanzlei der Bayerischen Staatsregierung, Dr. Florian Herrmann, MdL übermittelt und von diesem an alle zu beteiligenden Ministerien weitergeleitet wurde. Marcus König betonte, die Initiative mit Nachdruck und den vereinten Kräften aller beteiligten Akteure weiter voranzutreiben.

Präsentation und Diskussion ausgewählter Befunde des Nürnberger Bildungsberichts

Bei der Auswahl der Befunde des Bildungsberichts, die im Anschluss vorgestellt wurden, spielten die Herausforderungen im Zuge der multiplen Krisen der vergangenen Jahre für die jeweiligen Bildungsbereiche - insbesondere die Corona-Pandemie und die kriegsbedingte Fluchtzuwanderung aus der Ukraine - eine Schlüsselrolle. Ob und wie sich deren Folgen in den Befunden nachweisen lassen, sollte eine der zentralen Fragestellungen sein. Eine andere, welche Auswege aus den Krisen beschritten werden und wie die gegenseitige Unterstützung aussehen könnte.

Die Vorstellung der ausgewählten Befunde erfolgte in zwei Abschnitten, zunächst wurde die frühkindliche und schulische Bildung in den Blick genommen und anschließend die Übergänge von der Schule in den Beruf sowie der Deutschspracherwerb betrachtet. Dr. Martin Bauer-Stiasny, fachlicher Leiter des Bildungsbüros, wies eingangs auf einige Neuerungen in der kommunalen Bildungsberichterstattung hin, beispielsweise auf das neue Datenblattformat im 6. Bericht, aber auch auf neue Formate einer kontinuierlichen Berichterstattung wie den Bildungsblog oder das so genannte BildungsDate zur Diskussion verschiedener Befunde.

Frühkindliche Bildung und Schulen

Im ersten Teil gingen Andrea Müller und Marc Hümpfner vom Bildungsbüro auf die Bildung im Kindes- und Jugendalter ein und konzentrierten sich zunächst auf die sozioökonomische Situation von Kindern und Jugendlichen in Nürnberg wie auf den Ausbau der Kindertagesbetreuung, der kontinuierlich fortgesetzt wird.

Bei den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen erfolgte ein Überblick der Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die verschiedenen Schularten, auf Klassenwiederholungen und Schulabschlüsse.

Einen Entwicklungsschub brachte die Corona-Pandemie für die digitale Bildung im schulischen Bereich. So sind mittlerweile alle Schulen mittels Glasfaseranschluss ans Breitbandnetz angeschlossen und alle Lehrkräfte mit Lehrerdienstgeräten ausgestattet.
Beim Blick auf die Entwicklung der Deutschklassen wurde deutlich, dass die Kurven den Migrationsbewegungen folgen: Nach der jüngsten Fluchtzuwanderung aus der Ukraine liegt die Anzahl von Deutsch- und Brückenklassen wieder bei 60 Klassen.

Im sich anschließenden Austausch der Beiratsmitglieder kristallisierten sich drei Diskussionsstränge heraus: die um gleichberechtigte Bildungsteilhabe, besondere Unterstützungsbedarfe benachteiligter Kinder und Jugendlicher und Potenziale von digitaler Bildung.

Jugendreferentin Elisabeth Ries stellte zunächst die Ausbaupläne und den aktuellen Stand der Kindertagesbetreuung sowie die Pandemiefolgen in der frühkindlichen Bildung dar. Der Ausbau der Betreuungsplätze schreite voran, nach wie vor übersteige allerdings die Nachfrage das Angebot, insbesondere bei den Hortplätzen. Ab 2026 gilt hier ein schrittweise eingeführter Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich. Die tatsächliche Nachfrage sei jedoch aktuell schwer einschätzbar, derzeit werde mit einer Versorgungsquote von 90 % geplant. Ziel bleibe, allen, die einen Betreuungsplatz brauchen, ein Angebot machen zu können. Aufgrund des Fachkräftemangels und demographischer Veränderungen stehen die Verantwortlichen hier vor großen Herausforderungen.

Einigkeit herrschte unter den Mitgliedern des Beirats hinsichtlich der hohen Relevanz besonderer Förderangebote wie dem Vorkurs Deutsch 240 für gelingende Bildungsverläufe. Schul- und Sportreferentin Cornelia Trinkl unterstrich hier die enge Abstimmung mit dem Staatlichen Schulamt. Sandra Schäfer vom Nürnberger Lehrerinnen und Lehrerverein wies weiterhin darauf hin, dass in einer superdiversen Stadt wie Nürnberg der Migrationsteiler in Schulklassen erhalten werden müsse. Dieser sehe vor, dass Klassen, in denen mehr als die Hälfte der Schulkinder einen Migrationshintergrund haben, ab 25 Kindern geteilt werden, was in Nürnberg etwa 70 bis 80 zusätzliche Klassen ausmachen würde.

Madjid Lohrasbi von der Arbeitsgemeinschaft der Elternbeiräte an Nürnberger Realschulen und Gymnasien (AGEB) lobte die positiven Entwicklungen bei der digitalen Bildung im Zuge der leidvollen Corona-Pandemie, würde sich aber im Nachgang mehr digitale Formate im Unterricht wünschen, um deren positiven Effekte besser zu nutzen. Auch hier wies Cornelia Trinkl auf bereits bestehende Möglichkeiten wie digitale Tage und neue digitale Formate hin, deren Ausweitung sie ebenfalls befürworte.

Übergang Schule – Beruf und Deutschspracherwerb von Erwachsenen

Im zweiten Teil der Beiratssitzung gingen Claudia Lehnerer und Martina Schuster vom Bildungsbüro auf den Übergang von der Schule in den Beruf sowie den Deutschspracherwerb von Erwachsenen ein und betrachteten hierzu zunächst Indikatoren zu Bildungswegen nach dem Schulabschluss. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie viele Schüler/-innen den direkten Einstieg in die Berufsausbildung schaffen und wie viele den Umweg über das Übergangssystem nehmen. Hinsichtlich der berufsvorbereitenden Angebote und deren Neustrukturierung wurde festgestellt, dass es im Schuljahr 2022/23 23 Berufsintegrations- und 19 BvJ-Klassen (vollschulisches Berufsvorbereitungsjahr) gibt.

Mit der Vorstellung des Kommunalen Programms Deutschspracherwerb, welches 2020 mit dem Ziel startete, alle nach Nürnberg Zugewanderten dabei zu unterstützen, ein für sie passendes Sprachkursangebot zu finden, wurde der zweite Berichtsteil des Bildungsbüros abgerundet. Im Jahr 2022 führte die Zentrale Anlaufstelle Migration – Beratung 1.784 Beratungen zu Sprache durch, im Jahr 2023 waren es bis Mai bereits 1.082 Beratungen. Dies verweist auf einen großen Bedarf an Beratung und Unterstützung im Bereich Deutschspracherwerb.

Im nachfolgenden Austausch der Beiratsmitglieder wurden verschiedene Themenkomplexe wie der Umgang mit Pandemiefolgen in den beruflichen Schulen, welche Klaus Janetzko vom Verband der Lehrer an beruflichen Schulen eindrücklich erläuterte, und die hohe Bedeutung von Berufsorientierung und -beratung der Schüler/-innen erörtert, um im Nachhinein zu korrigierende Fehlentscheidungen möglichst auszuschließen. Prof. Dr. Niels Oberbeck von der Technischen Hochschule Nürnberg Georg-Simon-Ohm und Peter Preißinger von der Agentur für Arbeit stimmten darin überein, dass es keine künstlich konstruierte Konkurrenz zwischen dualer Ausbildung und Hochschulbildung geben dürfe, sondern es darum gehen müsse, den richtigen Berufsweg für jede einzelne Person zu finden.

URL dieser Seite
<http://www.nuernberg.de/internet/bildungsbuero/sitzungenimjahr2023.html>