Individualfeedback, das: Kompositum aus den Begriffen „Individualismus“ (lat., Anschauung, die dem Individuum den Vorrang vor der Gemeinschaft gibt) und „Feedback“ (engl., Rückmeldung, Reaktion), kurz: Es geht darum, dass jeder einzelne Schüler einer Klasse von seiner Lehrkraft befragt wird.
Niemand kann bezweifeln, dass wir in der Wirtschaftsschule vor schwierigen Zeiten stehen. Die Schullandschaft verändert sich gerade massiv und wir stehen mittendrin. Dies schlägt sich schon seit einiger Zeit vor allem in den Zusammensetzungen unserer Klassen nieder. Wir stehen als Lehrer vor immer heterogeneren Gruppen und müssen trotzdem versuchen, alle bis zum Abschluss auf einen Nenner zu bringen.
Nachdem wir an den Rahmenbedingungen nur wenig verändern können, steht also unser Unterricht im Zentrum der Entwicklung. Wir haben uns während der letzten Jahre intensiv mit Methodenwechsel, Lernen lernen oder auch Selbstorganisiertem Lernen beschäftigt. All dies kann überaus nützlich sein, wenn es denn richtig angewandt wird. „Richtig“ bedeutet in diesem Zusammenhang „im richtigen Maß zum richtigen Zeitpunkt in der jeweiligen Klasse“. Woher soll man als Lehrer aber wissen, was wann in der jeweiligen Klasse notwendig ist?
Natürlich führen wir schon seit vielen Jahren eine allgemeine Schülerbefragung durch. Doch dieser Befragung kann man - nicht zuletzt aus datenschutzrechtlichen Gründen - nur sehr ungenaue Hinweise entnehmen. Wir erfahren zwar viel Statistisches, doch zu wenig um daraus Schlüsse für unsere Unterrichtspraxis zu ziehen. Hier kann nur der einzelne Lehrer mit seiner jeweiligen Klasse in Kommunikation treten! Leider geht im Schulalltag vieles unter. Hier mal ein Gespräch zwischen Tür und Angel, Hausaufgaben, Prüfungen, Stoff - kaum Zeit, den Dingen mal wirklich auf den Grund zu gehen und die Schüler so zu Wort kommen zu lassen, dass ein Gesamtbild für den Lehrer und seinen Unterricht entsteht. Dazu ist es sehr wichtig, die Schülerinnen und Schüler spüren zu lassen, dass man sie ernst nimmt und sie mitverantwortlich sind für das Unterrichtsgeschehen und seine Ergebnisse.
Genau hier kommt das Individualfeedback ins Spiel! „Individualfeedback“ heißt nicht, dass wir der Klasse einen EDV-gestützten, 20-seitigen Fragebogen vorlegen. Es heißt vielmehr, dass wir die Klassen situationsbezogen mit sehr unterschiedlichen Methoden befragen sollen. Das kann natürlich ein Fragebogen sein, z.B. am Ende des Schuljahres. Es kann aber auch eine spontane Befragung mit der Ampelmethode am Ende einer Stunde sein oder eine Evaluationszielscheibe nach einer abgeschlossenen Unterrichtseinheit. Selbst eine Unterrichtshospitation durch Kollegen ist denkbar.
Ein solches Feedback kann schon mal überraschende Ergebnisse zur Folge haben. Einerseits muss man als Lehrkraft vielleicht kritische Rückmeldungen aushalten, diese sollte man aber als Chance begreifen und die Ergebnisse konstruktiv in seinen Unterricht einarbeiten. Andererseits darf man vielleicht Lob ernten und diese Anerkennung als kleine Belohung für das eigene Engagement genießen.
Auf gar keinen Fall aber sollte man den Fehler machen und Schüler als unmündige Beteiligte ansehen, die weder die Kompetenz noch die Ernsthaftigkeit für ein Feedback haben. Wem sonst, wenn nicht den direkt Betroffenen, soll man ein Urteil über Unterricht denn zutrauen? Nutzen Sie deshalb das weite Feld des Individualfeedbacks. Profitieren wird der Unterricht, die Schüler und damit nicht zuletzt auch wir, die Unterrichtenden!