Wer sich in Nürnberg mit dem neuen Corona-Virus infiziert oder als enge Kontaktperson in Quarantäne muss, erhält einen Anruf des Corona-Kontakt-Nachverfolgungs-Teams (CTT – Corona Contact Tracing Team). Und wer sitzt da am anderen Ende der Leitung? Zum Beispiel Moritz. Er erzählt, was man da alles zu hören bekommt und warum ältere Menschen ihm besonders liebe Gesprächspartner sind.
Moritz kennt man in der Nürnberger Musikszene. Seit 15 Jahren arbeitet er dafür, die Stadt fest auf der musikalischen Landkarte zu verankern. Und dann kommt Corona – Clubs und Locations schließen, den Rest kennen wir. „Klar ist es schlimm. Die Kulturszene ist klinisch tot. Wir arbeiten noch im Hintergrund, halt mehr so für uns. Aber es gibt ein großes Verständnis bei den Leuten, dass es gerade nicht anders geht,“ ist seine Erfahrung, die er im Juli 2021 schilderte.
Moritz hilft in der Corona-Kontakt-Nachverfolgung aus und telefoniert Infizierte und deren enge Kontaktpersonen ab. Am Anfang war er in dem Team, das die Menschen aus der Quarantäne entlässt – also eigentlich die beste Aufgabe? „Naja schon. Aber man muss da auch manches glattziehen, was bis dahin nicht so gut gelaufen ist. Am Ende des Tages ist da aber auch viel Dankbarkeit und Freude. Mehr als man vielleicht denkt.“ Gespräche dauern manchmal nur ein paar Minuten, manchmal auch eine halbe Stunde.
„Es sind Leute dabei, zu denen man eine Beziehung aufbaut. Von Lachen bis Weinen, erlebt man alles mit.“ berichtet Moritz. Es geht eben um mehr, als nur bloße Information oder die Ansage von Regeln.
Viel mehr als ein Callcenter
„Viele Leute sind echt nett, gerade Ältere. Die machen oft Scherze und sind lustig. Die freuen sich auch, dass jemand in der Zeit mit ihnen redet.“ So kommt es auch, dass die Telefonate hier nicht streng getaktet oder rein nach Effizienz abgehandelt werden. „Einmal hatte ich eine Frau am Telefon, die war gerade aus dem Koma erwacht und hat nicht gewusst, dass ihr Mann bereits verstorben ist und ihr Kind in die Klinik musste. Da legst du nicht gleich wieder auf. Das ist echt schlimm und so was gab es öfter.“
Um sich eine Vorstellung vom Umfang der Anrufe zu machen, muss man wissen, dass eine infizierte Person am Anfang zweimal angerufen wird, um in Quarantäne gesetzt zu werden und dann gefragt wird, mit welchen Menschen enger Kontakt bestand. Danach erfolgen tägliche Anrufe bis zum Ende der Quarantäne und die Entlassung. Hat ein Infizierter fünf Kontaktpersonen, so müssen diese ebenfalls kontaktiert werden. Bei täglich zehn neu Infizierten, das ergibt eine Sieben-Tages-Inzidenz von etwa 13,5 – müssen summa summarum täglich 750 Telefonate geführt werden. Bei einer Inzidenz von 35 wären es bereits 1 942 Anrufe bei 26 neu Infizierten pro Tag.
Zu Spitzenzeiten arbeiteten über 400 Menschen bei der Kontakt-Nachverfolgung. Viele Unterstützerinnen und Unterstützer kamen aus anderen Ämtern, Behörden oder dem Ruhestand. Polizei, THW, Bundeswehr und viele andere zogen an einem Strang, um die Kontakt-Nachverfolgung zu unterstützen.
Neben dem Telefon ist das wichtigste Werkzeug der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Datenbank mit allen Infos zu infizierten Personen und Bürgern in Quarantäne. Außerdem hat das Gesundheitsamt ein internes Wiki aufgebaut, das die aktuell geltenden Regelungen, Gesetzteslagen Arbeitsanleitungen enthält.