Seit Dezember 2023 gibt es nun das Projekt „Geschlechtersensible Prävention“ im Fachbereich Gesundheitsförderung / Gesundheitsplanung im Gesundheitsamt der Stadt Nürnberg. Dabei sollen die individuellen Bedürfnissen der einzelnen Geschlechter unter die Lupe genommen werden. Darum ging es auch bei der Gesundheitspolitischen Veranstaltung am 29.01.25 im Südpunkt Nürnberg.
Das Geschlecht eines Menschen spielt sowohl in Hinblick auf die individuelle Gesundheit als auch auf die Wahrnehmung in unserer Gesellschaft eine große Rolle. Dazu gehören neben den genetisch bedingten, körperlichen Faktoren, die eigene Identität mit dem Geschlecht, die Anerkennung des Umfelds auch die geschlechtsspezifische Versorgung und entsprechende Angebote der Prävention und Gesundheitsförderung. In den letzten Jahren wurde vermehrt die Wichtigkeit einer geschlechtersensiblen Betrachtung erkannt. Neben der Betrachtung von Personen, die sich aufgrund ihrer körperlichen Präposition eindeutig als männlich oder weiblich bezeichnen lassen, zählen dazu auch intergeschlechtliche Personen, deren körperliche Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig zuzuordnen sind.
Auch in der Politik nahm das Thema Fahrt auf. In den letzten Jahren wurden einige wichtige Entscheidungen und Änderungen getroffen. Am 22.05.2021 trat beispielsweise das Verbot von Genitalangleichungen bei nicht einwilligungsfähigen intersexuellen Kindern in Kraft. Es wird davon ausgegangen, dass in Deutschland bis zu 3,8% der Kinder mit einer„Varianten der Geschlechtsentwicklung“ (also einem Geschlecht, welches nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet werden kann) auf die Welt kommen. Die Formulierung „bis zu“ wird deshalb verwendet, da dies nur Schätzdaten sind. In Deutschland gibt es aktuell nur Annäherungswerte dazu (Pöge K, et al., 2020).
Im Rahmen einer Gesundheitspolitischen Veranstaltung am Mittwoch, den 29. Januar 2025, veranstaltet durch das Gesunde Städte-Netzwerk und das Gesundheitsamt Nürnberg, wurde beleuchtet welche Chancen eine geschlechterorientierte Betrachtung in Prävention, Gesundheitsförderung und Versorgung mit sich bringen. Über 60 Expertinnen und Experten aus dem Sozial- und Gesundheitssektor kamen dafür im Südpunkt Nürnberg zusammen.
Maria Bernhart und Romeo Bissuti vom Institut für Frauen – und Männergesundheit in Wien berichteten über den Aufbau des Instituts sowie deren Angebote für Jungen und Männer sowie Mädchen und Frauen. Lucie Veith, Mitgründerin und jahrelange Vorsitzende des Bundesverbands Intergeschlechtliche Menschen e.V. ergänzte mit einem Vortrag über Intergeschlechtlichkeit & Gesundheit, in welchem Lucie Veith das Thema, aber auch die Situation von intergeschlechtlichen Menschen sowie mögliche Anlaufstellen in Deutschland aufzeigte. Lucie Veith selbst trug dazu bei das Konzept der Peer-Beratungsstellen für Inter*personen zu entwickeln sowie eine Ausbildung dafür zu konzeptionieren.
Um gezielter zu den Themen ins Gespräch zu kommen, Erfahrungen auszutauschen und zu diskutieren, gab es drei Workshops:
- „Mädchengesundheit in Nürnberg stärken"
- „Jungen- und Männergesundheit in Nürnberg fördern“
- „Inter*-Gesundheit sichtbar machen“
Abgerundet wurde die Veranstaltung mit einem Podiumsgespräch, innerhalb dessen die Sichtweisen aus Versorgung, Arbeitgeber, Bevölkerung und Politik diskutiert und gesammelt wurden. Die Veranstaltung zeigte wie viel Potential in einer geschlechtersensiblen Sichtweise steckt und wie viel mehr Aufmerksamkeit gerade dem Thema Intergeschlechtlichkeit geschenkt werden sollte.
Im Anschluss an die Veranstaltung fand das erste Netzwerktreffen im Rahmen des Projekts „Geschlechtersensible Prävention“ statt. Das Projekt wird durch die Techniker Krankenkasse gefördert und findet in enger Kooperation von Gesundheitsamt Nürnberg und pro familia Nürnberg e.V. statt. Erstmals kamen dazu Fachkräfte aus der Metropolregion zusammen, um sich zum Thema Intergeschlechtlichlichkeit zu vernetzen.