Sayragul Sauytbay

Die muslimische Kasachin, geboren in der autonomen Präfektur Ili Kazakh in der chinesischen Provinz Xinjiang, wurde 2021 für ihren bewundernswerten Mut, über die Verbrechen an muslimischen Minderheiten in der Region Xinjiang zu berichten, mit dem Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis ausgezeichnet.
Die Preisverleihung selbst fand aufgrund der Pandemie am 15. Mai 2022 statt.

Hier geht es zur offiziellen Jurybegründung:

Die Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Preisträgerin 2021

Die Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreisträgerin 2021 mit Interviews der Jurymitglieder, wurde am 1. März 2021 live gestreamt. Das Video finden Sie hier:

Sayragul Sauytbay

Sayragul Sauytbay wurde 1976 als muslimische Kasachin in der autonomen Präfektur Ili Kazakh in der chinesischen Provinz Xinjiang geboren, die viele Turkvölker wie zum Beispiel Uiguren beheimatet. Nach ihrem Medizinstudium arbeitete Sauytbay als Ärztin in einem Krankenhaus und leitete später als Staatsbeamtin mehrere Vorschulen. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Im Laufe der Jahre bekommt sie hautnah mit, wie die chinesische Regierung unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung immer gezielter gegen die muslimischen Minderheiten in der Region vorgeht.

Als sich die Lage in ihrer Heimat für die muslimische Familie immer weiter verschärft, reisen Sayragul Sauytbays Mann und ihre beiden Kinder im Juli 2016 unter vorgetäuschten Gründen aus China nach Kasachstan aus. Sauytbay selbst erhält jedoch kein Ausreisevisum und muss zurückbleiben. Als ihre Familie nicht wieder heimkehrt, wird Sauytbay nun von den Behörden dazu gedrängt, diese wieder zurück zu holen. Trotz mehrfacher Verhöre weigert sie sich. Zunächst kann sie noch den Kontakt zu ihrer Familie halten, doch im November 2016 kappt die chinesische Regierung alle gängigen Kommunikationsmittel in der Region und verbietet den Kontakt zu Personen im Ausland.

Im November 2017 wird Sauytbay schließlich verhaftet und gezwungen, in einem Umerziehungslager als Ausbilderin für die chinesische Regierung zu arbeiten. Sie soll mit ihren sehr guten Sprachkenntnissen den Gefangenen Chinesisch beibringen. Es geht aber nicht allein um die Sprache, sondern vor allem um die Indoktrinierung von Propaganda: Lieder der Partei, chinesische Bräuche, wer die Staatsfeinde Chinas sind. Sauytbay muss in dieser Zeit miterleben, wie die Inhaftierten unter den widrigsten Bedingungen gefangen gehalten, erniedrigt und gefoltert werden. Sie selbst bleibt davon nicht verschont. Sie berichtet von willkürlich Inhaftierten jeder Altersgruppe und jeden Standes. Die Verbrechen gegen Gefangene reichen von Gehirnwäsche, Folter und Vergewaltigung bis zur erzwungenen Medikamenteneinnahme.

Laut Amnesty International wurden in den vergangenen Jahren hunderttausende Angehörige ethnischer Minderheiten in der autonomen Region Xinjiang in China gewaltsam in solchen Lagern festgehalten und gefoltert.

Im März 2018 wird Sayragul Sauytbay unerwartet von ihren Aufgaben im Lager entbunden, soll für ein paar Tage auf ihre alte Stelle als Direktorin einer Vorschule zurückkehren und hier nun ihre Nachfolge regeln. Sauytbay realisiert sofort, dass sie weiterhin überwacht wird. Sie erhält Drohungen und soll nun bald selbst als Gefangene ins Lager zurückkehren. Unter großem Risiko flieht sie illegal nach Kasachstan und kann hier ihre Familie wieder in die Arme schließen. Doch kurz nach ihrer Ankunft wird sie vom kasachischen Geheimdienst festgenommen, verschleppt, verhört und schließlich in ein Strafgefängnis gebracht. Es droht ihr die Auslieferung nach China. Sayragul Sauytbay berichtet während der Gerichtsverfahren gegen sie nun erstmals auch in der Öffentlichkeit, was sie selbst in den Lagern gesehen hat. Nur dank starkem zivilgesellschaftlichem Druck, zahlreicher Kampagnen von unterschiedlichen Menschenrechtsorganisationen weltweit sowie diplomatischen Vertreter*innen, kann ihre Abschiebung
verhindert werden. Sie und ihre Familie werden in Kasachstan aber weiterhin von der chinesischen Regierung bedroht und verfolgt. Damit die Familie nicht in ständiger
Angst leben muss, entschließen sie sich aus Kasachstan
wegzuziehen.

Seit 2019 erhält Sayragul Sauytbay mit ihrer Familie Asyl in Schweden. Auch hier ist sie weiterhin politischer Verfolgung ausgesetzt und erhält Morddrohungen aus China. 2020 macht sie in dem mit der Autorin Alexandra Cavelius verfassten Buch „Die Kronzeugin“ die selbst erlittene Folter und die Zustände in den Umerziehungslagern öffentlich.

Weitere Informationen zu Sayragul Sauytbay und der Verleihung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises an Sie können Sie in der ausführlichen Preisträger*innen-Broschüre 2021 nachlesen:

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