Angehörigenstudie zu Demenz und Aggression & Gewalt im häuslichen Umfeld
Demenz und herausfordernde Verhaltensweisen
50 % der Menschen mit einer Demenz-Diagnose leben in ihrer eigenen Häuslichkeit und werden von Pflegepersonen, zumeist Familienangehörigen, gepflegt und betreut. Manche zeigen sogenannte "herausfordernde" Verhaltensweisen wie beispielsweise lautes Rufen, Weglaufen, Hilfsverweigerung, Teilnahmslosigkeit oder Enthemmung. Gerade wenn die Pflegenden sich selbst überlastet fühlen, kann es zur Anwendung von physischer oder psychischer Gewalt kommen
Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums Nürnberg wird eine Studie erstellen, die untersuchen wird, inwieweit und warum es zwischen Menschen mit Demenz und ihren pflegenden Angehörigen mitunter zu aggressivem und herausforderndem Verhalten kommt. Die Teilnehmenden können im Rahmen des Projekts Entlastungsstrategien erlernen, wenn sie daran interessiert sind.
Sie wollen pflegenden Angehörigen Entlastungsstrategien für den Umgang mit Demenz vermitteln (v. li.): Chefarzt Univ.-Prof. Dr. Thomas Hillemacher, Gerontologin Lea Bräuer und Pflegedirektor Sven Keitel.
Lea Bräuer, Gerontologin in der Gedächtnissprechstunde am Klinikum Nürnberg und Studienkoordinatorin:
„Reizbarkeit, Aggressionen und Gewalt stellen bei der Versorgung von Menschen mit Demenz in der häuslichen Umgebung ein häufiges Problem dar, das wenig Beachtung findet. Die Aggression kann von beiden Seiten ausgehen. Wissenschaftlich untersucht ist das Thema aber wenig, es mangelt an aussagekräftigen Daten."
Auf Wunsch Teilnahme an einem Deeskalationstraining
Die Studie, die in Kooperation mit der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität am Klinikum Nürnberg stattfindet, will belastbare Daten erheben,
Für die im Sommer 2024 begonnene Erhebung werden noch weitere Teilnehmende gesucht, die belastende Verhaltensweisen bei sich oder ihren an Demenz erkrankten Angehörigen bemerken. Durch Fragebögen und Interviews sowie eine neuropsychologische Untersuchung im Klinikum Nürnberg werden noch bis Herbst 2025 systematisch Daten dazu erhoben und dann umfassend ausgewertet.
Ziel ist, von einer relevanten Menge Betroffener Informationen über Hintergründe und Ausprägung von häuslicher Aggression und den Umgang damit zu erhalten.
In einem zweiten Schritt bietet das Klinikum den Pflegenden bei Interesse ein professionelles Deeskalationstraining an. Die Schulungen finden bei Gruppenterminen am Klinikum Nürnberg oder während Hausbesuchen statt.
Sven Keitel, Pflegedirektor Seelische Gesundheit am Klinikum Nürnberg:
„Mit diesem Beitrag zur Forschung möchten wir auch anstoßen, dass Betroffene bessere Unterstützung finden. Erst wenn über das Thema mehr gesprochen wird, werden sich Menschen eher Hilfe holen. Wir wollen Angehörigen Strategien an die Hand geben, mit kritischen Situationen gelassener und gewaltfrei umzugehen."
Das Thema aus der Tabuzone holen
Die Theo und Friedl Schöller-Stiftung finanziert die Studie. Das Projekt richtet sich an Angehörige von in privaten Haushalten lebenden Menschen mit einer ärztlich gesicherten Demenzdiagnose. Das Studienteam führt mit den Angehörigen und den Pflegebedürftigen eine Befragung und eine neuropsychologische Untersuchung im Klinikum Nürnberg, Campus Nord, durch.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Hillemacher, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Nürnberg:
„Es ist ein Tabuthema. Und aus dem Tabubereich können wir das Thema am besten holen, wenn wir es wissenschaftlich untersuchen. Im Alltag vieler Betroffener und Angehöriger ist das Thema natürlich präsent – und führt nicht selten zu vermeidbaren Klinikeinweisungen.“