Geschichte des Hauses
Kultur im Laden
Wie der Tante-Emma-Laden um die Ecke – nur mit Kultur im Sortiment. Die Idee der Soziokultur „Kultur von allen - Kultur für alle“ wird ab 1970 vom damaligen Kulturreferenten Hermann Glaser mit den Kulturläden beschrieben und versucht Kultur aus dem elitären Kontext zu befreien. Alle Menschen sind eingeladen Kultur auszuprobieren, mitzumischen oder zu besuchen.
Soziokultur bringt Menschen zusammen – in Workshops, Diskussionen oder einfach bei einem Çay. Seit über 40 Jahren machen die Nürnberger Kulturläden Programm, öffnen ihre Räume für neue Ideen und setzen sich mit der Gesellschaft, ihren Wünschen und Problemen auseinander.
So auch der Kulturladen Loni-Übler-Haus: Im Nürnberger Stadtteil Mögeldorf bietet der Kulturladen der Nachbarschaft und allen Interessierten seit 1980 die Möglichkeit, in das kulturelle Leben einzutauchen. Doch schon vor der Gründung der Kulturläden war das Loni-Übler-Haus ein wichtiger Marker in der soziokulturellen Landschaft Nürnbergs.
Zurück ins Loni - Geschichte des Hauses
Das Loni-Übler-Haus wird Ende des 19. Jahrhunderts als Pulvermagazin gebaut. Die NSDAP und die Hitlerjugend nutzen es als Schulungsstätte, bis es 1945 von Bomben zerstört wird. 1951 lässt der Verein zur Schaffung und Förderung von Jugendheimen das Haus wiederaufbauen und richtet darin ein Jugendwohnheim für etwa 80 männliche Jugendliche und einen Kindergarten ein. Nach der Schließung des Loni-Übler-Heims folgt das Erkämpfen des Leerstandes als soziokulturellen Freiraum. Nach zwei Hausbesetzungen und etlichen Bemühungen erkennt die Stadt Nürnberg die Notwendigkeit eines soziokulturellen Begegnungsorts und eröffnet 1980 den Kulturladen Loni-Übler-Haus.
Wer war eigentlich Loni Übler?
Leonhard Übler, geboren 1899, wächst als Kind einer Arbeiterfamilie auf und schließt sich früh der Gewerkschaftsbewegung an. Er wird einberufen, tritt nach Ende des ersten Weltkriegs der SPD bei, arbeitete in Industriebetrieben und setzte sich für die Rechte der Arbeitenden ein. Ab 1929 arbeitet er bei der „fränkischen Tagespost“ und lernt dort seine zukünftige Frau kennen. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 wird durch Terror und Zerstörung auch die Existenzgrundlage Loni-Üblers und seiner jungen Familie geraubt: Loni Übler wird arbeitslos und leistet Widerstand. Er und weitere Regime-Gegner werden von der Gestapo verhaftet und unter anderem im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. 1937 wird er krank aus dem KZ entlassen.
Mit dem Ende der NS-Diktatur blüht Loni Übler wieder auf und ist voller Tatendrang: er engagiert sich beim Wiederaufbau der SPD, wird 1949 erster Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Nürnberg, setzt sich für die Stadtteilarbeit in Mögeldorf ein und eröffnet 1951 unter der Trägerschaft der AWO das Jugendwohnheim in der Marthastraße. Leonhard Übler stirbt nach schwerer Krebserkrankung am 19. August 1956. Aufgrund seines großen Engagements und der Verbundenheit zu dem Jugendheim veranlasst der damalige Leiter Bertold Kamm die Benennung des Hauses zum Loni-Übler-Heim.
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Loni Übler - Sein Leben war Liebe und Arbeit
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Loni Übler - Sein Leben war Liebe und Arbeit
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Loni Übler - Sein Leben war Liebe und Arbeit
Das Loni-Übler-Heim
Unter der Leitung von Ruth und Bertold Kamm finden bis zu 80 männliche Jugendliche in der Marthastraße ein neues Zuhause. Insgesamt 23 Jahre wohnen hier junge Menschen, zuerst nur Lehrlinge, später auch DDR-Flüchtlinge und Studierende. Kunst und Kultur werden seit Beginn gefördert. Es wird musiziert und es werden verschiedene Theaterstücke inszeniert und aufgeführt. Die Heimbewohner schreiben Texte und fertigen Grafiken an, um sie in der regelmäßige erscheinenden „Heimzeitung“ herauszugeben. Ab 1970 steht es auch Jugendlichen von außen offen. Zum Unmut der Jugendlichen und Gerhad Geuder, dem damaligen Leiter, wird das Wohnheim 1974 geschlossen. Denn das Geld für die notwendige Sanierungen fehlt.
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Das Loni-Übler-Heim
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Das Loni-Übler-Heim
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Das Loni-Übler-Heim
Zeit der Hausbesetzungen
Nach der Schließung des Jugendwohnheims 1974 geht das Haus wieder in den Besitz der Stadt Nürnberg über. Die Jugendlichen hoffen das Haus weiter nutzen zu dürfen und wollen es auf eigene Faust sanieren. Die Stadt Nürnberg stellt sich quer und ruft zur Räumung auf. Die Heimbewohner wollen sich nicht vertreiben lassen und besetzen gemeinsam mit dem entlassenen Heimleiter Gerhard Geuder das Loni-Übler-Heim – die erste Hausbesetzung Nürnbergs. Am 13. April 1974 durchsucht die Polizei das Haus und nimmt Jugendliche mit auf die Wache. Kurz darauf lässt die Stadt die Fenster mit Brettern vernageln.
Drei Jahre später steht das Gebäude immer noch leer. Zahlreiche junge Erwachsene fordern den Leerstand als selbstverwalteten Freiraum nutzen zu dürfen. Doch es tut sich nichts und so wird das Haus am 17. Juni 1977 zum zweiten Mal besetzt. Im Nürnberger KOMM wird mit Vertretern der Stadt Nürnberg im Juli 1977 heftig über die Zukunft des Hauses diskutiert. Knapp einen Monat später wird das Haus mit großem Polizeieinsatz wieder geräumt und zugemauert.
Das Mini-Loni
Mit dem Vorschlag des damaligen Kulturreferenten und Vordenker der Soziokultur Hermann Glaser bildet sich ein Arbeitskreis für die Entstehung einer stadtteilbezogenen Begegnungsstätte. Den Anfang bildet die 46 m2 große Wohnung. Das ist der einzig mögliche Treffpunkt im Stadtteil. Aufgrund der begrenzten Räumlichkeiten entwickelt sich rasch eine „Bienenstockatmosphäre“. Deshalb ist klar: Das Loni muss baldmöglichst wiedereröffnet werden. Die Bemühungen lohnen sich: 1980 eröffnet die Begegnungsstätte Loni-Übler-Haus als zweiter Kulturladen in Nürnberg.
Kulturladen Loni-Übler-Haus
Der Kulturladen Loni-Übler-Haus wird im September 1980 unter der Leitung von Wolfgang Sendhardt eröffnet und ist seitdem ein beliebter Treffpunkt für Kultur und Diskurs. Als soziokultureller Begegnungsort steht der Kulturladen für das Motto „Kultur von allen - Kultur für alle“. Das Loni ermutigt unterschiedliche Menschen und Interessengruppen selbst aktiv zu werden. Das Angebot ist sehr breit aufgestellt und verändert sich mit dem Fluss der Zeit durch die Menschen, die es mitgestalten.
Von Beginn an wird gezielt auch für und mit Menschen mit Zuwanderungsgeschichte Programm gestaltet. Durch den Mitarbeiter Ermann Erol in den 80er und 90er Jahren, wird vor allem aus der Türkei stammenden Menschen ein diverses Angebot geschaffen: Hausaufgabenbetreuung auf Türkisch, bilinguale Lesungen, türkisches Theater, dil kursları (Sprachkurse), folklor gurubu (Volkstanz Gruppe) und Konzerte mit Künstler:innen aus unterschiedlichen Ländern. Bis heute wird die Partizipation von diversen communities interkulturellen Gruppen unterstützt. Sie finden im Loni Beratung und Hilfestellung, werden bei Ausstellungen und Veranstaltungen einbezogen und bereichern mit ihrem Engagement den Kulturladen.
Bis in die 90er Jahre wird Jugendlichen ein breites Angebot eröffnet. Es gibt eine Jugendkneipe, Parties und genügend Freiraum. Die Jugendlichen können sich ungezwungen im Loni aufhalten: Abhänge, Tischtennis spielen, Filme gucken oder gemeinsam Kochen. Mit den Jahren hat sich der Fokus auf die Kinderarbeit verlagert. Bis heute bietet der offene Kindertreff reichlich Spiel und Spaß für Kinder zwischen 6 und 12. Gemeinsam mit anderen Kindern wird gebastelt, gekocht und getobt. Auch bei Hausaufgaben wird kostenlos unterstützt.
Von 1987 bis Ende der 90er ist der „Frauenladen“ unter der Leitung von Isolde Ebert wichtiger Bestandteil im Loni, der sich mit speziellen Angeboten an Frauen wendet. Jahre später muss er aufgrund fehlender finanzieller Mittel schließen. Ein wichtiges Vermächtnis ist das Frauenkabarett, das bis heute mit großartigen Kabarettistinnen ins Loni lockt.
Das Loni veranstaltet neben dem Frauenkabarett auch den FolkClub und präsentiert damit erstklassige Musik aus Irland, Schottland und Europa; Und regelmäßig lädt Heijo Schlein interessante Personen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport zur Talkreihe „Zu Gast bei Loni“ ein.
Im Loni finden bis heute viele unterschiedliche Gruppen und Kurse ihren Platz: Theater, Tanz, Schach, Kulturvereine, Töpfern, Nähwerkstatt und vieles mehr. Auch die langjährige Kooperation mit dem ADFC oder dem Männer Forum bereichern das Programm.
Für ein starkes Miteinander im Stadtteil planen wir Aktionen wie den Mögeldorfer Adventskalender, das Loni-Sommerfest und 2022 erstmals eine Ehrenamtsbörse.
Gemütlich wird es im Café-Loni bei einem Çay oder Bierle. Das Haus erstrahlt immer wieder im neuen Schein durch die Kunstwerke lokaler Kulturschaffender und lädt zum Verweilen ein.
Wir freuen uns immer auf neue Ideen und Gesichter. Bis bald!
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