In der Kongresshalle entsteht die neue Spielstätte des Staatstheaters Nürnberg
Das Staatstheater Nürnberg mit seinen Sparten Musiktheater, Sprechtheater, Ballett und Konzert ist das größte Mehrspartenhaus Bayerns. Zusammen mit dem Schauspielhaus bildet das 1905 eingeweihte Opernhaus am Richard-Wagner-Platz eine kulturelle Landmarke mit Strahlkraft weit über Nürnberg hinaus. Allerdings weist das Gebäude nach fast 120 Jahren Lebenszeit erhebliche bauliche und technische Mängel auf. Ein umfangreiches Bauvorhaben zur Sanierung und Erweiterung des Opernhauses soll einen zukunftsfähigen Theaterbetrieb für alle Sparten des Staatstheaters sicherstellen.
Während der Bauarbeiten braucht das Staatstheater Nürnberg eine neue Spielstätte. Für die Bauzeit am Richard-Wagner-Platz – derzeit werden mindestens zehn Jahre veranschlagt – benötigen die Sparten Musiktheater und Tanz sowie die Staatsphilharmonie einen Ort für Proben und Auftritte.
Ein langer Weg mit intensiven Diskussionen: Die Entscheidung für den Theaterbau in der Kongresshalle
Die Opernhaus-Kommission des Nürnberger Stadtrats hat im Lauf des Jahres 2021 über mögliche Standorte für eine temporäre Spielstätte für die Musik- und Tanztheatersparte des Staatstheaters während einer langjährigen, dringend erforderlichen Bau- und Sanierungsmaßnahme im Stammhaus am Richard-Wagner-Platz diskutiert. Im Dezember 2021 stimmte der Stadtrat mit großer Mehrheit für die Kongresshalle als Standort der neuen Spielstätte.
In sechs von 16 Sektoren des U-förmigen Kongresshallen-Rundbaus sollen Verwaltungs-, Service- und Präsenzwerkstatträume, Garderoben für Solistinnen und Solisten, Stimmzimmer, Proberäume etc. untergebracht werden. Dabei können die Flächen, die der eigentliche Spielbetrieb benötigt (vor allem Bühnen, Orchestergraben, Zuschauerraum) nicht im Rundbau verortet werden. Dafür ist der sogenannte Ergänzungsbau erforderlich.
Im Juli 2022 traf der Nürnberger Stadtrat mit großer Mehrheit die Entscheidung, den Ergänzungsbau im nordwestlichen Bereich des Innenhofs der Kongresshalle zu errichten.
Gutachterverfahren: Expertengremium empfiehlt den Innenhof der Kongresshalle als Standort des Theaterbaus
Dem Beschluss des Stadtrats ging nicht nur eine intensive Diskussion in der Stadtgesellschaft voraus. Die Stadt Nürnberg initiierte ein Gutachterverfahren, um die Standortfrage für den Ergänzungsbau zu klären. Nationale und internationales Architekturbüros waren aufgefordert, Ideen für einen geeigneten Standort des Ergänzungsbaus in oder an der Kongresshalle zu entwickeln und für ein Entscheidungsgremium mit Persönlichkeiten aus Architektur, Geschichtswissenschaft, Kultur, Politik und Gesellschaft einzureichen. Dieses Gremium votierte für einen Standort des Ergänzungsbaus im nordwestlichen Bereich des Innenhofs der Kongresshalle. Die Opernhaus-Kommission folgte dieser Empfehlung, die der Stadtrat in seiner Sitzung am 20. Juli 2022 zum Beschluss erhob.
Ausschreibung und Vergabe
Mit der Veröffentlichung der Ausschreibungsunterlagen Mitte April 2023 ist das Vergabeverfahren für die Planung und Bau des Ergänzungsbaus der neuen Spielstätte des Staatstheaters Nürnberg in der Kongresshalle offiziell gestartet.
Bei der Ausschreibung des Ergänzungsbaus und dessen Anbindung an den Bestand im Torso der Kongresshalle erfolgen die Vergabe von Planung und Bau aus einer Hand. Dieses sogenannte Totalübernehmer-Verfahren vollzieht sich in zwei Etappen, dem öffentlichen Teilnehmerwettbewerb und dem Verhandlungsverfahren.
Im öffentlichen Teilnehmerwettbewerb werden auf den einschlägigen Plattformen und Publikationen die funktionale Leistungsbeschreibung und alle weiteren Vergabeunterlagen circa einen Monat lang veröffentlicht. Für die Teilnahme reichen interessierte Bieter die geforderten Nachweise über ihre Leistungsfähigkeit, Fachkunde und Zuverlässigkeit ein, die anhand der veröffentlichten Auswahlkriterien geprüft werden. Auf dieser Basis wählt die Stadt Nürnberg als Auftraggeberin aufgrund einer juristischen (formalen) und fachlichen Prüfung die Bewerber aus, die am Verhandlungsverfahren teilnehmen können.
Im Verhandlungsverfahren hat die Auftraggeberin, die Stadt, gegebenenfalls in mehreren aufeinanderfolgende Phasen, die Möglichkeit, im Rahmen der vergaberechtlichen Grundsätze mit Bietern über Vertragsinhalte zu verhandeln. Die Bieter werden aufgefordert, Planungsbeiträge mit wettbewerblichem Charakter einzureichen. Die drei maßgeblichen Zuschlagskriterien sind Kosten, Funktionalität und Ästhetik.
In die Entscheidung, welcher Bieter den Zuschlag erhält, werden drei Gremien mit einbezogen. Das Kriterium Kosten (Wirtschaftlichkeit) wird in der Kämmerei betrachtet. Das Kriterium Funktionalität bewertet ein fachliches Gremium. Hier bringen das Staatstheater Nürnberg als künftiger Nutzer sowie externe Fachleute aus den Bereichen Theaterbau und Bühnentechnik ihre Expertise ein. Die Bewertung des Kriteriums Ästhetik obliegt den Vertreterinnen und Vertretern der Stadtratsfraktionen sowie berufenen Architektinnen und Architekten. Eine Entscheidung über die Vergabe fällt voraussichtlich im Winter 2023/2024.
Zeitplan
In Anbetracht des zeitlichen Ablaufs des Vergabeverfahrens ist eine Anpassung des bisher avisierten Zeitplans nötig. Unter den heute bekannten Rahmenbedingungen gelten folgende Meilensteine für die Kulturgroßbauprojekte in der Kongresshalle als realistisch: Im 3. Quartal 2023 soll die Schadstoffentfrachtung des Daches des Kongresshallen-Rundbaus beginnen. Im Winter 2023/2024 soll die Vergabeentscheidung für den Ergänzungsbau getroffen werden. Mit dessen Baubeginn ist im 2. Quartal 2025 zu rechnen. Um den Jahreswechsel 2026/27 wird die bauliche Fertigstellung des Gebäudes angestrebt.
Grund für die zeitliche Verschiebung ist ein Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren wie der komplexen Drittmittelförderung, der notwendigen Integration der Ermöglichungsräume in das Projekt sowie des intensiven Standortfindungsprozesses ausschlaggebend für die Anpassung der Terminplanung.
Auswirkungen auf den Spielbetrieb des Staatstheaters
Das bedeutet auch, dass Oper und Ballett des Staatstheaters noch länger als ursprünglich geplant in ihrem Stammhaus verweilen, da ein Umzug in die neue Spielstätte nun erst für 2027 realistisch wird. Gleichzeitig sind für den gewohnten Spielbetrieb am Richard-Wagner-Platz über das Jahr 2025 hinaus einige bauliche und brandschutztechnische Ertüchtigungen nötig. Da eine Spielpause keine Option darstellt, wird in den nächsten Monaten gründlich geprüft, mit welchen Maßnahmen die Sicherheit eines verlängerten Spielbetriebs zu gewährleisten ist.
Aktualisiert am 18.08.2024, 07:51 Uhr