Historische Friedhöfe

Seit Mitte 2021 ist beim Stadtarchiv das Projekt „Wissenschaftliche Gesamterfassung der Gräber und Epitaphien auf den historischen Nürnberger Friedhöfen St. Johannis und St. Rochus“ angesiedelt. Ziel ist die möglichst lückenlose Dokumentation der kunstvollen Epitaphien sowie der Grabbelegung vom 16. bis ca. zur Mitte des 19. Jahrhunderts in einer Datenbank, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die historischen Friedhöfe Nürnbergs und ihre Kunstdenkmäler sind schon seit langem im Interesse der Forschung und Öffentlichkeit. Das Kunsthandwerk der Epitaphienherstellung wurde 2018 in die Bayerische Landesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Eine wissenschaftliche Gesamterfassung stand jedoch aus.

Die Grundlagenforschung für das Projekt wird zu einem kleineren Teil mit Mitteln des Stadtarchivs, sodann mit finanzieller Förderung vom Verein Nürnberger Epitaphienkunst und -kultur e.V. und dem Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg e.V. durchgeführt. Zum größten Teil wird die Erarbeitung jedoch durch die finanzielle Förderung der Friedrich Freiherr von Hallerschen Forschungsstiftung und Hedwig Linnhuber-Dr. Hans Saar-Stiftung ermöglicht. Die Projektleitung liegt bei Dr. Antonia Landois, die Kunsthistoriker Helge Weingärtner M.A. und Johannes Maußner B.A. sind mit der Erarbeitung von Datensätzen betraut. Die Onlinestellung der Ergebnisse ist in Vorbereitung.

Da auf den historischen Friedhöfen bis ins 19. Jahrhundert beinahe alle Einwohner der Reichsstadt begraben wurden, entsteht hierbei ein sozial- und wirtschaftsgeschichtliches, topografisches und personengeschichtliches Grundlagenwerk zur Stadtgeschichte Nürnbergs in reichsstädtischer Zeit.
In einem ersten Projektschritt wurden für beide Friedhöfe ca. 3.500 Grundlageneinheiten in der GSI-Datenbank angelegt. Recherchierbar sind diese Objekte bereits im Lesesaal des Stadtarchivs. Im zweiten Quartal 2024 sollen sie für die Onlinerecherche freigeschaltet werden. Der nun beginnende zweite Projektschritt zieht die seriellen Quellen zu Grabrechtsvergaben und Begräbnissen vom 16. bis 19. Jahrhundert heran und ergänzt die Grundlageneinheiten um Informationen zur Grabbelegung.
Bei unserer Forschung gibt es ständig Überraschendes zu verzeichnen, hier zwei kleine Einblicke in unsere bisherigen Ergebnisse:

Farbe auf dem Friedhof

Das Epitaph von Johann Sebastian Hegler (Johannisfriedhof, Grab Nr. 419) und seiner Gattin hat die Form einer Tartsche. Die Rahmenzier kombiniert Muschelformen mit Laubwerk seitlich und Akanthuslaub unten. In der unteren Spitze der Tartsche findet sich auf dem Rand zudem eine Künstlersignatur eingraviert.

Selbstredend ist dieses Epitaph von 1742 bei Gugel im Jahr 1682 noch nicht erwähnt. 1736 beschreibt Trechsel den noch leeren Stein wie folgt: so vor jetzo von ziemlicher Grösse, ganz neu uns blau angestrichen, Sebastian Hegler, Specerey-Händlern, zuständig, doch ohne Schrift und Monument.

Dank der in der Inschrift mitgeteilten Informationen (Ehefrau, Beruf, Datierung) lässt sich das Epitaph eindeutig mit dem Datensatz zu einer bereits angelegten Person in der GSI-Datenbank verknüpfen. Daraus geht hervor, dass der Spezereienhändler Johann Sebastian Hegler bereits 1741 verstarb, das Epitaph also nach seinem Tod angefertigt wurde – viele der Tafeln zierten allerdings auch schon lange vor dem Tod das eigene Grab.

Auch wissen wir, dass Hegler seit 1733 in der heutigen Plobenhofstraße 11, also unmittelbar am Hauptmarkt, zwei aneinander stoßende Wohn- und Spezereihandlungshäuser besaß und bewohnte. Hergestellt wurde das Epitaph vom Nürnberger Rotschmied Johann Christoph Dürsch d. Ä.
Besonders interessant ist aber die Erwähnung der farbigen Bemalung des Steins aus dem Jahr 1736. Wir sind schon häufiger auf diese Art der Gestaltung gestoßen. Die Friedhöfe waren in ihrem Erscheinungsbild viel bunter, als sie es heute sind!

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