Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 80

Wolf-Martin Hergert: „Der schlechteste Weg der Erziehung geht über den Verstand“ – Das Höhere Nürnberger Schulwesen im Nationalsozialismus

Buchcover

Herausgegeben von Arnold Otto in Verbindung mit Werner K. Blessing, Franz Fuchs und Georg Seiderer, Nürnberg 2024
IX, 835 Seiten mit 171 Abb.

Verkaufspreis: 36 EUR

Nürnbergs Sonderrolle als Ort der Propaganda im Nationalsozialismus steht bereits seit längerer Zeit im Fokus der Forschung. Auf den alljährlichen Reichsparteitagen verkündeten Hitler und seine Parteigranden ihre Vorstellungen von einem totalitären Staat samt totalitärer Erziehung als Basis der NS-Herrschaft. Von Nürnberg aus verbreitete der sich selbst als „Lehrer des Volkes“ bezeichnende Julius Streicher seine menschenverachtenden antisemitischen Tiraden.
Inwieweit diese Vorstellungen und Ideen tatsächlich in der Praxis umgesetzt werden konnten, untersucht die vorliegende Studie. Sie nimmt dabei die weiterführenden Bildungseinrichtungen in Nürnberg in den Blick, nicht ohne diese in den Gesamtkontext der NS-„Erziehungsmächte“ einzubinden.

Nach einer Einführung zum nationalsozialistischen Erziehungsverständnis in Theorie und Praxis wird der Blick auf die Bildungslandschaft in Nürnberg gerichtet. Neben den einzelnen Schulen in staatlicher, kommunaler, kirchlicher und privater Trägerschaft wird erstmals Einblick in die Aktivitäten der konkurrierenden NS-Jugendorganisationen, der Lehrerverbände und des schon lange vor 1933 an den Schulen fest etablierten „Volksbundes für das Deutschtum im Ausland“ genommen. Die Aktivitäten einzelner ehrgeiziger Akteure in Partei, Politik und Verwaltung und die Verflechtungen und Reibungsverluste untereinander werden nachgezeichnet. Sodann folgt eine eng an die weit gestreuten Quellen angelehnte Untersuchung einzelner Unterrichtsinhalte, soweit dies in der historischen Rückschau möglich ist. Besonderes Augenmerk liegt auf der Eliminierung politisch missliebiger und rassisch Verfolgter sowohl auf Seiten der Beschäftigten, als auch auf Seiten der Schülerinnen und Schüler durch Behörden und Schulleitungen sowie deren Verhalten im polykratischen Machtgefüge des NS-Staates. Schließlich wird dargelegt, wie die hochfliegenden Erziehungspläne der Nationalsozialisten einerseits zielgerichtet in den Weltkrieg mündeten und sich andererseits genau dadurch absurderweise weitgehend selbst eliminierten.

Die Arbeit erschließt eine Fülle an Text- und Bildquellen, die zum größten Teil bisher noch nicht veröffentlicht worden sind. Sie soll anregen, auch anderswo den Kosmos Schule in der Diktatur genauer zu untersuchen und aus Vergleichen neue Erkenntnisse zu gewinnen. Die Monographie richtet sich nicht nur an die Fachwissenschaft, sondern ebenso an interessierte Laien und ganz besonders an die Schülerinnen und Schüler Nürnbergs und soll Anstoß und Steinbruch sein, sich mit der eigenen Schulgeschichte weiter auseinanderzusetzen.

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